Englischer Kanal

Scheveningen-Dover, 27./28. Juni 2006

Morgens um 9.30 Uhr hatten wir in Scheveningen abgelegt. Es war weiterhin Wind aus dem östlichen Sektor zwischen 2-4 Bft gemeldet. Wir hatten schon seit längerer Zeit eine Ostwindlage.Und das war für unseren jetzigen und für unsere weiteren Kurse nach Westen optimal. Wir hoffen, dass das bis zum Erreichen des westlichsten Kaps in der Bretagne so anhält.

Jetzt wollten wir nach Dover. Dover ist ein bedeutender Fährhafen und liegt an der östlichen Einfahrt zum Englischen Kanal auf der britischen Insel. Bis Dover waren es auf direktem Wege ca.130 Seemeilen und einem Kurs von 243 Grad. Aber es lagen eine Vielzahl von Bohrinseln und diverse Verkehrstrennungsgebiete mit großen Knotenpunkten auf unseren Weg. Wir steuerten jetzt auf eine der meistbefahrendsten Schifffahrtsroute der Welt zu. Alle Frachtschiffe die aus dem Atlantik kommen (einschließlich Rückreiseroute) und nicht nach Irland oder Island wollen, fahren durch den Englischen Kanal. Hinzu kommen die unzähligen Fähren von unserem Kontinent nach England und zurück und die Groß- und Kleinfischerei. Nicht zu vergessen die diversen Reeden, auf welchen sich bei unserer Überfahrt manchmal bis zu 19 Frachtschiffe tummelten. Die lagen zwar vor Anker aber aus der Enfernung ist das ein Meer von unsagbar vielen Schiffe, gemixt mit den doch vorbeifahrenden Frachtern, durch welche wir ersteinmal hindurch mußten. Wie ich bereits in einem vorher geschriebenen Text zu den Verkehrstrennungsgebieten erläutert hatte, muss man diesen Gebieten besondere Aufmerksamkeit widmen und spezielle Verhaltensregeln beachten. Wir hatten uns im Vorfeld überlegt, dass wir relativ weit nördlich in Richtung England steuern, um die großen Knotenpunkte der Verkehrstrennungen zu umfahren. Mit dieser Taktik fuhren wir so mit eine lange Zeit parallel zu den Gebieten und musste nur ein großes Trennungsgebiet queren. Die Breite eines solchen Verkehrstrennungsgebietes lag in diesen Regionen bei über 10 Seemeilen. Da brauchen wir als kleines Segelboot schon mal gut 2 Stunden um diesen Weg zuqueren.

Zeitweise wurde der Wind so schwach, dass wir den Motor zu Hilfe nehmen mussten. Aber besser so als Sturm und schlechte Sicht, dachten wir. Am Tage wurde es so warm, dass selbst ich in T-shirt im Cocpit saß. In der Nacht durfte ich davon, zähneklappernd, nur träumen. Als Entschädigung begrüßten uns am frühen Morgen vor der Englischen Küste eine kleine Schule von Delphinen. Das war vielleicht ein Willkommensgruß, zumal sie circa 20 Minuten mit unserer Bugwelle spielten! Dover lag nur noch 20 Seemeilen entfernt und die Sonne schien schon bei strahlend blauem Himmel.

In England ist das Ein-und Auslaufen in einen Hafen zum Teil etwas anders geregelt als in Deutschland. Zum Teil geschieht das über Lichtsignale und /oder über das Anmelden über den entsprechenden Funkkanal. Um in den Hafen von Dover einlaufen zu können, mußten wir uns über Funk anmelden. Es gab auch Lichtsignale, aber die galten nur für den Fährverkehr. Von der Hafen- Funkzentrale "Dover Port Control" erhielten wir auch gleich die Freigabe und die verwiess uns auf einen anderen Funkkanal, um mit dem Hafenmeister Kontakt aufzunehmen, der uns dann den Liegeplatz zuweisen würde. Alles klappte wunderbar. Wir bekamen unsere Liegeplatznummer über Funk mitgeteilt und gleichzeitig waren wir rechtzeitig in Dover angekommen, um überhaupt in den Yachthafen einlaufen zukönnen.

Nach durchsegelter kalter Nacht.
Anders als in den Tidenhäfen zuvor, gab es hier in der Einfahrt zum Yachthafen einen sogenanten Drempel. Man könnte auch dazu Schwelle sagen. Diese Schwelle hat die Funktion, einen bestimmter Wasserstand beim Fallen des Wassers im Hafenbecken zu halten. Somit fällt das Hafenbecken nicht trocken. Allerdings kann man nur in einer bestimmten Zeitspanne über diesen Drempel fahren, denn das Wasser hat hier, dem Gezeitenstand entsprechend, eine unterschiedliche Wasserstandshöhe. Je nach Tiefgang des Bootes kann man dann zu unterschiedlichen Zeiten in den Hafen einlaufen, je weniger Tiefgang das Boot hat, desto länger ist die Zeitspanne um den Drempel zu passieren. Diese Zeitenspnne erfährt man aus dem Hafenhandbuch, in welchem jeder Hafen augelistet ist und deren entsprechenden Besonderheiten erklärt werden. Der aktuelle Wasserpegel über der Schwelle wird aber auch oftmals an der Seite der Einfahrt zum Hafen angezeigt.
Es waren fünf Delphine, die vor unserem Bug schwammen. Zu der Zeit liefen wir unter Motor und hatten eine Geschwindigkeit von 6 1/2 Knoten.
Dover hatten wir uns ganz anders vorgestellt. Viel mehr geprägt durch die Großschifffahrt und den ständigen Verkehr der Fähren vom Festland. Es liefen zwar unentwegt Fähren von beachtlicher Größe ein und aus, manchmal kamen drei, vier Fähren unmittelbar hintereinander raus oder rein aber dieses Kommen und Gehen verlief sich in der großen Hafenbucht. Eigentlich war es ein schöner Hafen, trotz seiner Größe. Es gab drei Yachthäfen, zwei mit einem Drempel und ein Yachthafen war der Gezeit ausgesetzt. Er fiel nur zum Teil trocken. In der Hafenbucht gab es einen Strand, mit einer Stadtpromenade und im Hafenbecken waren Segelschulen damit beschäftigt ihren Spröslingen das Segeln beizubringen. Die Stadt Dover zog sich am Hang hinauf und über der Stadt thronte eine Festung vergangener Tage.
Dover - Brighton, 29. Juni 2006

4.45 Uhr aufgestanden und 5.30 Uhr abgelegt. Die Tiede hatte kein Erbarmen mit uns. Wir hatten zudem unsere Borduhr, die noch auf unserer deutschen Zeit stand, der sogenannten Mitteleuropäischen Sommerzeit (MESZ), um eine Stunde zurück stellen müssen, denn England liegt zeitlich gesehen eine Stunde hinter unserer Zeit. Auch die Engländer haben eine Sommerzeit, die sogenannte Britsh Summer Time (BST), in welcher die Uhren eine Stunde vorgestellt werden. Das Zeitenproblem ist für uns Segler ein ganz eigenes und verlangt immer wieder ein sorgfältiges Umgehen. Damit man sich überhaubt durch den Wirrwar der Zeiten in den jeweiligen Regionen richtig zurecht findet kann, gibt es eine sogenannte Weltzeit, die Universal Time Coordinated (UTC), die zwei Stunden hinter der MESZ zurückliegt. Das ist die Bezugszeit für viele nautischen Unterlagen, wie z.B. Gezeitentafeln oder Stromatlanten.

Somit war uns ein Stunde Schlaf "verloren gegangen" aber unsere Stromtafeln sagten uns, dass wir so früh ablegen mussten, um den Strom auf unserem Weg nach Brighton optimal nutzen zu können. Der Tag verlief recht windarm, so dass wir einen großen Teil der immerhin 66 Seemeilen langen Strecke unter Motor fahren mussten. Dafür bot die Küste der Grafschaft Sussex, an der wir entlangfuhren, mit den Küstenstädten Rye, Hastings (über der Stadt thront die Ruine der Burg von Wilhelm dem Eroberer, der im Jahr 1066 an der Spitze einer Flotte von 300 Schiffen und 7000 Normannen den Ärmelkanal überquert hatte, ein paar Kilometer weiter bei Pevensey am 28. September englischen Boden betrat und am 14. Oktober in der sogenannten Battle of Hastings den Angelsachsen im Kampf um die englische Thronfolge eine vernichtende Niederlage zugefügt hatte), Eastborn, Seaford, Newhaven, des Leuchtturms Beachy Head und der teils recht hohen und imposanten Kreideküsten viel Abwechselung. Vor dem Kap mit dem Leuchtturm Beachy Head, wo bei etwas mehr Wind entgegen dem Tidenstrom sogeannte Overfalls, d.h. eine recht raue und teilweise gefahrliche See steht, konnten wir uns ob des ruhigen Wetters sogar eine Dusche aus unserer Solardusche (ein Plastiksack mit einer schwarzen Oberfläche, den man mit Wasser füllt und in die Sonne legt) gönnen. Um 18.30 Uhr liefen wir in den riesigen Yachthafen von Brighton (es gibt hier keinen Handels- oder Fischerhafen) ein, der am Beginn der 7 km langen Strandprommenade der Stadt liegt.

Hier bleiben wir- trotz einer Hafengebühr für eine Übernachtung von immerhin 24,30 englischen Pfund (ca 37 Euro)- zwei Tage, zumal Brihgton eine Menge zu bieten hat, uns sehr gut gefiel und Martina Geburtstag hatte.

Brighton - Portsmouth, 2. Juli 2006

Die Strecke von cira 46 Seemeilen nach Portsmouth mussten wir weitgehend unter Motor zurücklegen, da der Wind sehr schwach war.

Portsmouth und Southamton, das nur einige Seemeilen nordöstlicher liegt, sind zwei bedeutende englische Seehäfen in der Grafschaft Hampshire. Portsmouth mit einer großen Seefahrertradition wurde im zweiten Weltkrieg von den Bomben der deutschen Luftwaffe weitgehend zerstört und ist heute eine moderne Hafenstadt. Zahlreiche Entdecker, Kauffahrer, Admirale, Freibeuter und Abenteurer stachen von hier in See. Heute hat hier noch die Royal Navy einen Stützpunkt Drei alte gut erhaltene Segelschiffe liegen hier im Hafen zur Besichtigung: die H.M.S. Warrier, die H.M.S. Victory (das Flagschiff von Admiral Lord Nelson, mit dem dieser 1805 vor Trafalgar den zahlenmäßig überlegenen französisch-spanischen Flottenverband besiegte, dabei aber selbst umkam) und die Mary Rose, die 1545 im Solent mit 700 Mann Besatzung ohne Feindeinwirkung sank.

Yachthäfen gibt es leider nur auf der der Stadt gegenüber liegenden Seite. Wir machten im Kanal an einer Boje fest und wollten am nächsten Morgen weiter zur Isle of White, so dass wir uns weder die Stadt anschauten noch das Marinemuseum oder gar die drei alten Segelschiffe. Hinzu kam, dass die Eintrittspreise recht happig (22 Euro) waren. Aber beim nächsten Besuch wollen wir das Nachholen. Von unserem Bojenplatz hatten wir wenigstens eine gute Aussicht auf das Treiben in dem geschäftigen Hafen.

Portsmouth - Yamouth (Isle of Wight) - Lymingthon, 3. - 6. Juli 2006

Segeln im Solent! Die Strecke führte uns durch den Solent, nahe vorbei an dem in Seglerkeisen recht bekannten Cowes (Die Cowes-Week ist der Klassiker unter den Segelregatten. Der deutsche Kaiser Wilhelm der Zweite soll davon so beeindruckt gewesen sein, dass er die Kieler Woche ins Leben rief). Wir hatten gehört, die Preise sollten entsprechend sein, weshalb wir einen Hafen weiter wollten. Da der Solent kein einfaches Segelrevier ist, konnten wir gut damit leben, dass mal wieder wenig Wind war. Zwei Drittel der Strecke konnten wir segeln, den Rest fuhren wir mal wieder unter Motor. In Yamouth, das im Nordwesten der Isle of Wight liegt, gingen wir nach einer Hafenrundfahrt unmittelbar vor dem Hafen an eine Boje. Da der Wind auch am nächsten Tag schwach war, blieben wir hier für zwei Nächte. Yamouth ist ein feiner, aber nur kleiner Ort. In einem Pub schauten wir uns das Halbfinalspiel der deutschen Mannschaft an, die in der Verlängerung gegen Italien mit 0:2 verlor. Die Engländer hatten nach dem Ausscheiden ihrer Mannschaft kaum noch Interesse für die WM.

Nachdem wir für den Bojenplatz pro Nacht 16 Pfund (24 Euro) zahlen mußten, verlegten wir am Donnerstag in das gegenüberliegende Lymington am Festland. In den kleinen Stadthafen konnten wir uns leider nicht legen, da unser Boot mit 2 Metern Tiefgang dafür zu tief war. Deshalb mußten wir uns in einen der beiden modernen Yachthäfen legen.

Vielleicht einmal paar Sätze zu den Preisen. Wir kommen langsam zu dem Verdacht, dass Deutschland im Vergleich zu Holland und England recht preisgünstig ist. Das spiegelt sich nicht nur in den Hafengebühren wieder sondern auch in den Lebenshaltungskosten (Supermarkt). Die Hafengebühren lagen bislang in England zwischen 40 bis 50 Euro! In Deutschland liegen sie ungefähr zwischen 10 und 18 Euro.Und laut Aussage anderer Segler werden die Hafengebühren zum Westen hin der Englischen Küste noch weiter steigen. Nicht unerwähnt wollen wir lassen, daß der Service in den englischen Häfen sehr hoch ist. Es gab bislang überall Waschmaschinen mit Trockner, mit Fön ausgestattete Duschen, Wickelräume, die neuesten Wetterberichte z.T. über laufende Monitore und die Häfen sind 24 Stunden überwacht und nur mit einer Code-Nummer zu betreten. So etwas ist in Deutschland kaum zu finden. Die Holländer gleichen in etwa den Engländern. Im Service als auch in den Preisen. Aber in dieser Perfektion wie in England auch nun wieder nicht. Die Preise in den Supermärkten oder Restaurants (wir waren bislang noch nirgendwo essen, lesen aber mit Begeisterung jede Speisekarte) liegen im Vergleich zu Deutschland in beiden Ländern ebenfalls deutlich höher. Zum Beispiel liegt im Supermarkt der Preis für die Butter um die 2 Euro und Obst und Gemüse im Schnitt um 2 Euro höher. Vielleicht liegt das alles aber auch daran, dass wir uns in exponierten bzw. touristischen Orten aufhalten. Hinzu kommt, dass man in einem normalen Urlaub eher bereit ist, den einen oder anderen Euro mehr auszugeben, wohin gegen unsere Bordkasse recht begrenzt ist. Aber davon lassen wir uns die gute Laune nicht verderben, zumal Stefan ein hervorragender Koch ist, unsere aus Berlin noch mitgenommenen Weine von bester Qualität sind und ich mit meinen selbstgemachten Nudeln gegen jedes Lokal unschlagbar bin!
Allmählich bereiteten wir uns gedanklich darauf vor, die Kanalinseln anzusteuern. Zuerst wollen wir zu der Insel Alderney, welche die nördlichste der Kanalinseln ist und dann zu der Insel Gernsey weitersegeln. Aber wie bereits früher erwähnt, liegen die Kanalinseln in einem seglerisch anspruchsvollen und unter bestimmten Umständen schwierigen Segelrevier, ebenso wie die französische Nordküste. Um die gesammte Kanalinsel Alderney befinden sich Overfalls und Stromverwirbelungen stärksten und größten Ausmaßes. Die englischen Seekarten mit denen wir arbeiten, sind mit ihren detailierten Informationen zu diesen regionalen Besonderheiten ein ausgezeichnetes Hilfsmittel. Da momentan die Wetterlage im Englischen Kanal sehr beruhigt ist, werden wir morgen bei günstiger Tide in Richtung Alderney auslaufen.
Dieses Kap an der Englischen Küste heißt Beachy Haed. Es ähnelt ein bischen den Kreidefelsen von Rügen ist aber höher und in seinem Ausmaß länger
Im Hintergrund ist noch der Trubel am Strand zuerkennen
Diese Mischung zwischen englischer Hochkultur und orientalischen-indischen Flair ist beeindruckend
Guernsey, 8. Juli 2006

Gestern sind wir spät in die Bucht von Alderney eingelaufen. Alderney besitzt keine Steganlagen. Das gesammte Hafengebiet ist mit einem Mooringfeld ausgelegt. Im Dunkeln konnten wir keine freie Mooring ausmachen. Scheinbar waren alle belegt, so dass wir in der Hafenbucht unseren Anker warfen. Für die Nichtsegler sei erklärt, dass Moorings Bojen sind, meistens liegen sie vor dem Hafen aber auch innerhalb eines Hafens, welche am Grund mit igendeinem Gewicht verankert sind und man daran sein Boot hängen kann. Das ersetzt das eigene Ankergeschirr, ist einfacher und - sofern die Mooring auch sicher am Boden verankert ist - bequemer als der eigene Anker, den man insbesondere im Tidengewässer ständig kontrollieren muß. Dann sind wir totmüde in unsere Kojen gekippt und am nächsten morgen neugierig aufgestanden mit der Spannung, wie unsere Umgebung denn aussehen würde. Bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel lagen wir in einer kleinen Bucht, eingekesselt von Felsen, grünen Hängen gespickt mit kleinen weißen Häusern. Oben auf einem Hang stand eine Kirche mit einem spitzen Dach, welches wir abends bei der Annäherung an die Insel noch gut als Landmarke ausmachen konnten. Tatsächlich waren wohl alle Moorings mit Booten belegt.

Dann mußten wir aber auch gleich los, weil der Tidenstrom Richtung Guernsey günstig für uns stand. Bei strahlendem Sonnenschein und einem Wind von SW 4 waren die Bedingungen optimal. Mit uns segelten etwa 8 Boote in die gleiche Richtung los. Dies ist in Tidengewässern meistens so, denn die Tide bestimmt die Abfahrtszeiten, anderes als etwa in der Ostsee, wo man nach dem Frühstück lossegeln kann. Dies galt für Aldernay ganz besonders, da hier der Tidenstrom sehr stark ist und bis zu 9 Knoten (ein Knoten entspricht 1,852 km/h) betragen kann. Bedenkt man, dass ein Segelboot wie unsere Muline es auf eine Geschwindigkeit von um die sechs bis sieben Knoten bringen kann, wird deutlich, dass man gegen einen solchen Tidenstrom nicht ankommt. Es hat aber auch den Vorteil, dass man in Tidengewässern mit dem Strom in der gleichen Zeit größere Strecken als beispielsweise in der Ostsee zurücklegen kann.

So kamen wir nach bereits knapp sechs Stunden in St. Peter Port auf Guernsey an. Nach unseren Unterlagen war es hier erstmals erforderlich, einzuklarieren. Dies ist wohl dem Umstand geschuldet, dass die Kanalinseln zwar abhängige Territorien der britischen Krone sind, aber nicht zum vereinigten Königreich gehören und eine gewisse Eigenständigkeit haben. Diese erstreckt sich jedenfalls auf Zollangelegenheiten, die streng gehandhabt werden sollen, da die Inseln außerhalb der Mehrwertsteuerzone der Europäischen Union liegen. Also setzten wir bei der Annäherung die gelbe Flagge Q zum Zeichen des Einklarierens. In der Hafeneinfahrt kam uns ein kleines Motorboot mit der Aufschrift Guernsey Habour entgegen und ein Uniformierter stellte die Frage, ob wir Tiere an Bord hätten. Als wir das verneinten, überreichte er uns ein Formular zum Ausfüllen und wies uns im Vorhafen einen Platz an einem Warteschlengel zu. Das Formular war schnell ausgefüllt. Der Uniformierte kam es wenig später abholen und damit war die ganze Einklarierung bereits erledigt. Wir zogen unsere gelbe Flagge wieder ein und warteten anschießend darauf, dass über dem Drempel für die Einfahrt zum Yachthafen genug Wasser stehen würde. Das dauerte noch eineinhalb Stunden und wir konnten mit zahlreichen anderen Yachten in den sehr überschaubaren inneren Hafen einlaufen. Hier waren vier Hafenmeister in kleinen Motorbooten damit beschäftigt, die Boote der Größe nach an die richtigen Liegeplätze zu dirigieren. Das kannten wir von deutschen Häfen nicht.

Brihgton mit seiner langen kilometerlangen Uferprommenade, der circa 550 Meter ins Meer ragenden Brighton Pier, dem exotischen Royal Pavilion gilt als Klassiker unter den englischen Seebädern. Unser Reiseführer meinte, Brihgton sei "fraglos die toleranteste und lebendigste Stadt an der englischen Südküste" und Fontane habe sie als Neapel des Nordens bezeichnet. Wir erlebten die Stadt bei schönstem Sonnenschein. Sie kam uns zum einen weltoffener als Berlin vor und beeindruckte uns durch die Mischung von althergebrachtem und modernem, sei es in der Architektur, der Ladengeschäfte oder ihrer Fassaden (zumal sich in Deutschland die Einkaufspassagen der Städte kaum mehr voneinander unterscheiden). Auch die Bekleidung insbesondere der Jugendlichen erschien uns vielfältiger als in Berlin. Brighton ist jedenfalls eine Reise wert.

In einem Pub sahen wir uns das Viertelfinalspiel der Fussballweltmeisterschaft England gegen Portugal an. Es herrschte eine entspannte und ausgelassene Stimmung, in den Pausen verstärkt mit lauter Musik und allgemeinem Mitsingen. Nach dem letzten Elfmeter der Portugiesen war es aber nur noch ruhig im Pub, der sich dann auch schnell leerte. Hängengeblieben ist bei mir der Text des Messingschildes über dem Tresen: "If god had meaned us to built fibr glass boats he would have grown fibr glass trees".

Der tidenfreie Yachthafen von St.Peter Port ist recht klein, welches dem Flair keinen Abbruch tut. Wir lagen mit zwei weiteren Yachten im Päckchen, einer Deutschen aus Neustadt und einer Englischen aus Poole, der "KITTY B." Glenn frischte sein Deutsch mit uns auf - er war vor 20 Jahren als Austauschschüler für einen Monat in Deutschland. Morgens ging er mit seiner Gattin zur Massage, anschließend wollte sie zum Schoppen. Er kam mittags zurück und meinte, er habe gerade ein Segelboot gekauft -bis vor fünf Jahren habe er als Bootshändler gearbeitet, jetzt kaufe und verkaufe er "nur" noch etwa ein Boot pro Monat. Er zeigte uns die Expertise und meinte, er habe lediglich 3.500 Pfund gezahlt und könne es in England bestimmt für 9000 Pfund verkaufen. Das sei doch ein schönes Geschäft für diesen Tag. Für abends lud er uns zum Drink und zu einem Snack ein. Wir redeten über Segelboote, den Mauerfall, Klinsmann, die Ausländerproblematik in England und Tony Blair. Anschließend gingen Glenn und seine Frau ins Restaurant. Am nächsten Morgen überreichte er uns seine Karte und wir mußten ihnen versprechen, auf der Rückreise in Poole vorbeizuschauen, um über unsere Reiseerlebnisse zu berichten.
Die Insel erkundeten wir zu Fuß und mit dem Bus. Es gab hier eine normale Buslinie, welche einen Rundkurs um die Insel fuhr. Diese Information bekamen wir von der deutschen Segelyacht neben uns. Für schlappe 60 Penc pro Person fuhren wir in 1 1/2 Stunden um die Insel herrum. In dem Bus saßen ungefähr 15 Leute. Das witzige war, dass wir nicht das einzige Paar waren, welches sich auf diesem Wege die Insel ansehen wollte. Als der Bus losfuhr, holten ungefähr drei bis vier Pärchen ihre Landkarten aus ihren Taschen und verfolgten so die Bustour um die Insel. Auf der gesammten Busfahrt stiegen vielleicht drei Leute ein und aus, ansonsten saßen ausschließlich Sight-seeing-Touristen drin. Natürlich bekommt man auch somit nur einen kleinen Ausschnitt zu sehen. Aber nur zu Fuß wäre es noch weniger. Wir konnten entdecken, dass die Insel mehr von der französischen Kultur geprägt ist als von der englischen. Die Häuser haben die französisch typischen Fensterläden. Auch der Baustil der Kirchen und Häuser erinnern stark an Frankreich. In der Einkaufspassage findet man Brasserien und Patisserien. Was uns aber an das Englische erinnerte, ist zum einen die Sauberkeit und zum anderen der Linksverkehr auf den Strassen. Manchmal kam ich mir vor wie ein hakenschlagender Hase auf dem Feld, wenn ich über die Kreuzung gehen wollte. Instinktiv sah ich erst nach links und dann nach rechts, bis mir wieder bewußt wurde, dass hier Linksverkehr herrscht. Das erinnerte mich an den ungewöhnlichen Ratschlag unseres erfahrenden Segelfreundes Stefan aus Berlin, den er uns zum Abschied in Frageform mit auf die Reise gab: Woran sterben die meisten Segler? Wenn sie an Land gehen, wo Linksverkehr herrscht und dort wie gewohnt vor dem Überqueren der Straße nach links schauen. Irgendwie hat er recht.
Links und in der Mitte sind jeweils ein Wahrzeichen von Porthmouth zusehen. Das Schiff, die H.M.S. Victory ist jenes, auf welchem Lord Nelson seine Schlacht gewann und starb
Das kleine Örtchen Yarmouth. Hier zusehen der alte Stadtkern. Yarmouth liegt auf der Isle of Wight
Insel Guernsey, ihre Hafeneinfahrt mit deren Vorhafen. Im Hintergrund ist eine von vielen kleineren Inseln zu sehen, die um Guernsey liegen
Oben: Blick von unserem Liegeplatz aus. Von der Bühne wurde am Abend Lieder von den Beatles gespielt. Es war eine tolle Stimmung. Rechts: So sieht das aus, wenn man am falschen Ort fest macht oder sein Unterwasserschiff reinigen will
Im Vordergrund ist der Vorhafen und im Hintergrund der Yachthafen zu sehen. Vielleicht könnt ihr den Drempel erkennen, der hier frei liegt, denn das Wasser war zu dieser Zeit im Vorhafen schon weiter gesunken. Da unser Tiefgang, wie auch bei zahlreichen anderen Booten für den Yachthafen noch zu tief war, standen wir zeitweise auf unserem Kiel. Da der Boden aber weich war, war das Stehen kein Problem.
Gegenüber unseres Liegeplatzes war ein Supermarkt. Sehr edel und sehr teuer. Vor allem aber sehr kalt. Ich hatte den Eindruck, dass hier alle Waren tiefgefroren verkauft werden sollten. Wir hatten in dem Buch "Vom Alltag in die Südsee" von Gaby Kinsberger und Rüdiger Hirche bereits gelesen, dass es ratsam wäre, sich immer einen dicken Pullover mit in den Supermarkt zu nehmen, um sich nicht in absehbarer Zeit eine Erkältung zuholen. Guter Tipp! Nachdem wir leicht bekleidet und in Windeseile durch den Laden geeilt waren, schnappten wir uns ein paar Hühnerbeine, bezahlten und verließen das Geschäft. Am Abend gab es diese mit Zitrone, Knoblauchzehen, Rosmarin und Kartoffeln aus dem heißen Ofen. Unser zweiflammiger Kochherd mit integriertem Backofen kocht auf Petroleumbasis. Das ist sicherlich nicht mehr ganz zeitgemäß. Die meisten Yachten besitzen Gasherde und das ist auch der heutige Standart. Aber wie alles, hat jedes seine zwei Seiten. Natürlich ist es deutlich kompfortabler mit Gas zu kochen als mit Petroleum, die Brennleistung ist höher, kein Ruß und möglicherweiser auch billiger; man darf aber nicht vergessen, dass das ein explosives Gas ist und zudem fast geruchlos. Es ist schwerer als Luft und würde sich bei einer Leckage irgendwo unter den Bodenbrettern sammeln (kaum zu riechen) und dort auf seinen "Einsatz" warten. Ich möchte fairer Weise nicht unerwähnt lassen, dass es Gasalarmmelder auf dem Markt gibt und auch ein regelmäßiges Überprüfen der Anlage, welche von jedem Bootseigner in der Regel veranlasst wird, sicherlich zu der Reduzierung von Unfällen dieser Art und zu einer problemlose Benutung beiträgt. Da unsere MULINE nicht mehr die jüngste und nach dem damaligen Stand ausgerüstet worden ist, haben wir einen Petroleumherd. Es ist für uns beruhigend zu wissen, dass Petroleum schwer entflammbar ist (wir haben als Vorrat 30 Liter an Bord), noch überall erhältlich und bezahlbar ist.
Guernsey, 10.Juli 2006

Unser zweiter Hafentag. Der Himmel ist stark bewölkt und es niesselt leicht. Da der Wind erst morgen in eine für uns günstige Richtung drehen soll, werden wir diese Winddrehung abwarten und dann bei hoffentlich strahlenden Sonnenschein in die Bretagne segeln. Heute will Stefan joggen gehen, ich werden die Waschmaschine in Beschlag nehmen und dann müssen wir noch eine Post suchen. Denn....

Seit längerer Zeit haben wir das Problem, dass unser Pactor-Modem von der Kurzwellenanlage, der für das Verschicken von E-Mails benötigt wird, nicht funktioniert. Deshalb ist auch unsere Hompage nicht aktuell. Es ist jetzt für uns umständlicher Kontakt mit unseren Familien zu halten, denn nicht überall in den Ortschaften gibt es (erreichbare und bezahlbare) Internetcafes. So bleibt uns nichts anderes übrig, als das Gerät zur Reparatur nach Deutschland einzuschicken, und zwar über Jörg, von der Firma www.yachfunk.de, der uns bereits bei unserem Kauf und Einbau dieser Anlage beratend zur Seite stand. Hoffentlich ist dieses Problem bald behoben!

Ein kleines zweites "Problem" haben wir auch noch. Wir müssen noch von irgendwoher 10 Penc auftreiben, denn die fehlen uns an unseren letzten Hafengebühren. Geld abholen wollen wir nicht mehr, da wir morgen England verlassen werden und mit Karte wollen wir auch nicht zahlen, da wir mit den restlichen englische 21, 90 Pfund nichts mehr anfangen können. Stefans Plan ist, mich alleine zu den jungen Hafenmeistern zu schicken, die hier überall herrum laufen und gucken was passiert....Hmm?! Ich werde berichten.

So werden wir heute den Tag einfach vertrödeln und am Abend unseren Nachbarn von der englischen Yacht Kitty B. einen Besuch abstatten. Sie haben uns für einen kleinen Plausch zu sich eingeladen.

Lézardrieux, 11./12. Juli 2006

Stefan ist in der Nähe der französischen Grenze aufgewachsen und natürlich begeisterter Frankreich Liebhaber. Seine Urlaube in der Jugend gingen fast alle in französische Lande. Ich selber habe Frankreich noch nie richtig besucht und kenne es nur aus Stefans Erzählungen und seiner Familie. Ich war gespannt. Aber wenn ich ehrlich bin, von der Bretagne hatte ich kaum Vorstellungen und wenn, stellte ich mir die nordfranzösische Küste nicht sonderlich reizvoll vor. Ausgenommen die westliche Küste der Bretagne mit ihren fast monumentalen Leuchttürmen. Ganz bekannt ist das Foto mit dem Leuchtturm, auf welchem eine riesige Welle auf den Leuchtturm prallt und der Leuchtturmwärter noch in diesem Moment in der geöffneten Tür auf der Rückseite seines Turmes steht. Wenn ich jetzt dieses Bild vor Augen habe, gruselts mich leicht. Die tosenden Wassermassen, diese Höhen.....und wir sind auch bald dort. Aber schön ist das Bild trotzdem.

Am morgen sind wir gegen 8.30 Uhr aus St. Peter Port ausgelaufen. Der Wind hatte plangemäß auf Nord gedreht und unter fast blauen Himmel ging es in SWlicher Richtung nach Frankreich. Die Entfernung zwischen Guernsey und Lézardrieux betrug 50 Seemeilen. Für eine Abwechslung auf diesem Törn war auch gesorgt, denn auf unserem Weg lagen zwei kleinere Felsgruppen, die es zu umschiffen gab, eine davon mit einem Leuchtturm. Der erste Teil der Route war das schönste Segeln bislang auf unserer Tour. Der Wind kam leicht böig mit 4 Beoufort schräg von hinten (man nennt das Raumschotskurs), die Wellen waren sehr langgezogen und nicht zu hoch, so das man gut Geschwindigkeit aufnehmen konnte und nicht durch jede Welle abgebremst wurde und dazu schob uns der Strom kräftig in Richtung Bretagne. Bei jeder längerandauernden Böe die sich in den Segeln verfing, merkte man am Ruder wie das Boot mit deutlicher Kraft nach vorne gezogen wurde. Das gleichmäßige Auf und Ab über die Wellen "zu reiten" brachte uns puren Segelspaß.

Die Einfahrt zu der kleinen Stadt Lézardrieux führte über eine Flusszufahrt. Erleichternd für uns war, dass man in diesen Fluss zu jeder Tidenzeit einlaufen kann. Die einzigen Hindernisse lagen in felsiger Form in tausendfacher Ausführung, dicht gesäumt am Rande des Fahrwassers und an den Ufern des Flusses. Da wir aber erfahrende Fahrwasserfahrer aus der Ostsee sind, bereitete uns das Fahrwasserfahren keine sonderlichen Schwierigkeiten. Viele Seezeichen hier in der Flussmündung sind von ganz besonderer Art. Sie sind mit Ziegelsteinen gemauert, sind mit entsprechender Farbe bestrichen und alle haben einen Namen, welcher gleichfalls auf ihnen steht. Den merkwürdigsten Namen den wir lasen war "Grande Pot de Beurre" was auf deutsch soviel bedeutet wie "Großer Buttertopf" und gleich daneben stand der "Petit Pot de Beurre", der "Kleine Buttertopf". Tolle Idee. Solche Namen können nur von Franzosen vergeben werden. Das macht sie auch so sympatisch.
Wir waren von der Landschaft begeistert. Der Fluss schlengelte sich fjordartig in das Landesinnere hinein. Die Ufer gesäumt mit größeren Felsen und auf ihnen einen satter Mischwald durchzogen mit kleineren Häusern. Überall tauchten kleinere Buchten auf. In der einen wurde gebadet, in der anderen um die Ecke, hatte eine Segelschule ihre Boote liegen, anderswo waren kleine Fischerboote vor Anker und auch eine kleine Fischzuchtanlage war zuerkennen. Hier "tobte" das Leben an beiden Seiten der Ufer.

Wir hatten die Wahl zwischen dem Hafen oder an eine Mooring im Flusslauf zu gehen. Die Strömung im Hafen war stark und die Moorings lagen nicht weit entfernt vom ihm und dazu noch in landschaftlich schönerer Lage. Wir hatten uns noch nicht ganz entschieden, als uns der Hafenmeister mit seinem Motorboot freundlich entgegen kam und uns einen Liegeplatz zuweisen wollte. Er winkte und wir sollten ihm folgen. Stefan hatte Bedenken wegen der Strömung, signalisierte das dem Hafenmeister, der seinerseits gelassen erneut auf den Liegeplatz zeigte.Wir sahen uns an und sagten o.k. Und dann kam das Anlegemanöver und unsere ersten Kratzer am Schiff. Unter solchen Strömungsbedingungen hatten wir noch nie angelegt. Trotz Hilfe zweier hinzueilender Männer am Steg ging dieser Anleger voll daneben. Naja, in der Box waren wir drin, die Männer bald verschwunden und wir zogen gleich in Richtung französischer Supermarkt.

Am nächsten Tag verlegten wir uns dann doch an eine Mooring im Flusslauf. Wir wollten erst den übernächsten Tag weitersegeln. Die Mooring, welche wir uns ausgesucht hatten, war an einem "strategisch" schönen Platz gelegen. Wir konnten, wenn das Wasser aus dem Fluss lief, die gesammte Flusseinfahrt übersehen und alle einlaufenden Segelboote und Fischer beobachten. Rechts von uns hatte eine Segelschule ihre Segelboote und Katamarane zu liegen und gegen 11 Uhr ging der Segelunterricht los. Das war ein Spass. Die Segellehrer hatte alle Hände voll zu tun. Die Strömung war stark und der Wind schwach und die Kinder noch Anfänger. Pausenlos musste die Lehrer die Kleinen mit ihreren Booten wieder einfangen oder freischleppen. Links von uns kam irgendwann ein alter Fischer, der seine Hummerkörbe einsammelte. Er hatte seine Enkelin mit dabei. Als der Alte den ersten Korb herauf holte, hielt sich die Enkelin die Hände vor die Augen und luckte ab und zu ganz zögerlich zwischen ihren Fingern hindurch. Dann nahm sie die Hände ganz weg und schaute neugierig in den Korb hinnein. Da das Boot der beiden 20 Meter von uns entfernt war, konnten wir nur Gekrabbele in dem Korb erkennen. Mit unserem Fernglass sahen wir dann, dass das Seespinnen sein mussten. Der Fischer schien seiner Enkelin etwas zu erklären. Dann giff die Enkelin beherzt in den Korb und sortierte die kleineren Seespinnen aus. Jede Spinne die sie befreien konnte, warf sie mit einem Freudeschei in den Fluss zurück. Als der zweite Korb nach oben kam, sahen beide, Fischer und Enkelin, lange gespannt in das Innere des Korbes. Und wir lange durch unser Fernglas. Etwas seltsames großes schlengelte sich in dem Korb. Jetzt gab es eine kleinere Diskussion zwischen dem Opa und seiner Enkelin. Sie bemerkten nun auch unser Interesse an dem Inhalt ihres Korbes und kamen zu uns herrüber. Der Alte zeigte uns den Inhalt (wir sahen einen ca 1m langen, grauen, ca 20cm dicken Fisch) und sagte, das sei ein Congre (bei uns nennt man ihn wahrscheinlich Seeaal). Er erklärte weiter, dieser werde sehr alt und liesse sich nur schwer töten. Seine Enkelin, berichtete er, sei nicht damit einverstanden, dass dieser Fisch getötet würde. Er winkte kurz ab und sagte dazu lediglich: "Sie ist ja noch ein junges Mädchen ". Das Mädchen darauf hin: "Pöö und haha" und wandte sich wieder dem großen Fisch im Korb zu. Beide sortierten jetzt noch die letzten kleineren Seespinnen aus und fuhren dann mit ihren kleinen Boot in Richtung Hafen.

Den gesammten Tag über war ein Kommem und Gehen auf dem Fluss. Nicht davon ausgenommen, das Wasser. Wir waren jetzt in einem Gebiet, in welchen mit die höchsten Tidenhübe zuverzeichnen sind. Das Wasser fiel in diesem Fluss um fast 10 Meter! Durch die Enge des Flusses, der guten Überschaubarkeit und durch den großen Höhenunterschied konnte wir das Ab-oder Weglaufen des Wasser gut beobachten. Es ist wie in einer Badewanne, in der man den Stöpsel zieht. Unter zeigen wir zwei Bilder mit ein und dem selben Motiv. Der Unterschied ist nur, dass auf dem einem Bild Hochwasser ist und auf dem anderen Ebbe. Auf dem Bild mit der Ebbe, kann man gut die freiliegende grüne Fahrwassertonne (Säule) erkennen. Mit der Zeit konnten wir den Gezeiten sogar etwas schönes abgewinnen.

Im Radio hörten wir über die Deutsche Welle die Berichterstattung über den Bush-Besuch in meiner Heimatstadt Stralsund. Zwei Tage später erzählte mir mein Bruder am Telefon, er sei einer der 1000 "Statisten" auf dem Alten Markt gewesen. Ein ihm angebotenes Winkelement habe er aber abgelehnt. Dieser Besuch war bereits bei unserer Abreise das Gesprächsthema in Stralsund. Er wurde kontrovers und oftmals ablehnend diskutiert. Egal was man von einem solchen Staatsbesuch hält, mein Bruder war am Telefon jedenfalls der Meinung, dass dieser Besuch für Stralsund bei strahlenden Sonnenschein, insbesondere durch die Fernsehbilder, eine tolle weltweite Werbung war.

Der Fischer mit seiner Enkelin- im Hintergrund kann man durch die einsetzende Ebbe die freiliegenden Austernbänke erkennen
Bei Hochwasser
Bei Niedrigwasser
Trébeurden, 13.-16. Juli 2006

Heute ist der Nationalfeiertag der Franzosen, "le quatorze juillet". Gestern fand am Abend , in der Nähe des Hafens, auf einem Granitfelsen am Strand, ein Feuerwerk statt. Es dauerte geschlagene 20 Minuten. So lange, so einfalltsreich und schön haben wir schon lange keins gesehen. Nicht das Trébeurden eine große oder wichtige Stadt sei, nein, es ist ein kleiner, hübscher, bretonischer Touristenort. Zu dem Feuerwerk kamen Horden von Jugendlichen. Sie saßen überall auf den Granitfelsen, am Strand und auf dem Rasen. Eine tolle Stimmung war das.

In Trébeurden werden wir wohl noch eine Weile bleiben. Denn der Wetterbericht verspricht nichts Gutes. Die kommenden 3 Tage soll es in unserer Region mit 6-7 Beaufort blasen. Auch wenn Trébeurden in einer geschützten Bucht liegt, noch ist nichts davon zu hören und zu sehen, aber rausfahren und nachsehen werden wir auch nicht. Also stehen uns zwei bis drei Hafentage bevor.

Da es von dem Ort nicht allzu viel zu berichten gibt, kann ich ja von dem Ausgang der Geschichte mit den fehlenden 10 Penc in St. Peter Port auf Guernsey erzählen. Stefans Idee, mich allein zu den jungen Hafenmeistern zu schicken hatten Erfolg. Ich kam in den kleinen Raum der Capetanerie und sagte zu einem der vier Hafenmeistern " I have a problem....." Dann versuchte ich mit meinem fragmentierten kauderwelsch- Englisch ihm das Problem zuerklären. Der junge Hafenmeister lachte mich an und sagte "You haven´t any problem. Its o.k." Ich war erleichtert, bedankte mich herzlich und ging. Ich hatte im Nachhinein den leisen Verdacht, dass ihm mein kauderwelsch-Englisch sehr viel Freude bereitet hatte......Hmm?! Ich hatte mich wirklich angestengt.

Die Zeit in Trébeurden vertrieben wir uns damit, auf den Felsen herum zu klettern, eine kleine Wanderung zum nächst gelegenden Aussichtspunkt zu machen und bei Ebbe unsere trockengefallende Hafeneinfahrt zu bewundern. Ein sehr großes Gebiet vor dem Hafen fiel trocken. Überall kamen Felsen und Algenfelder zum Vorschein. Auf den sandigen Abschnitten lagen Schlauchboote und Fischerboote. Dann bemerkten wir, dass zunehmend mehr Leute zwischen und in den Algenfeldern nach irgendetwas suchten. So gar ganze Familien,"bewaffnet" mit Harken und Plastiktüten zog es in Richtung dieses Trockengebietes. Stefan ahnte schon, dass es sich um Muschelsammeln handeln könnte, welche dann später gegessen werden können. Ich war hoch erfreut und begann sogleich auch mit dem Sammeln. Allerdings wusste ich nicht genau welche Muscheln zu sammeln sind und sammelte erst einmal alle die, die mir verdächtig erschienen und geschlossen waren. Viele davon fand ich nicht. Dann sprachen wir zwei Frauen an. Auch sie waren mit einer Harke und einer Tüte ausgerüstet. Sie erklärten uns, dass sie Schnecken sammeln würden und das diese z.T. im Sand vergraben liegen, dafür die Harke, aber auch in den Algenfeldern zu finden seien. Die Schnecken hießen Bigonots und sehen schwarz aus. Dann zeigten sie uns den Inhalt ihrer Tüte. Ich zeigte ebenfalls meinen Fang. Nicht eine einzige sei essbar, meinten die beiden Frauen. Stefan erklärten die Frauen noch, wie die Bigonots zubereitet würden. Später sahen wir in jeder Poissonerie (Fischladen) diese Schnecken.

L'aber Wrac'h, 16./17. Juli 2006

Wie auch immer dieser Wetterbericht in Trébeurden zustande gekommen ist, er stimmte auf keinem Fall mit dem Wetter auf See überein. Wir segelten in den 51 Seemeilen entfernten Flusslauf von L'aber Wrac'h und hatten eine ganz ruhige See. Die Sicht allerdings liess zu wünschen übrig. Leider konnten wir von der Küste nur wenig erkennen. Der Himmel war blass, die Sonne schien etwas durch und es war stark diesig. Der gesammte Küstenstreifen lag hinter einem milchigen Schleier. L'aber Wrac'h selbst ist ein sehr kleiner Ort. Dort gibt es nur einen kleinen Steg. Der überwiegende Teil der Yachten liegt in dem vorgelagerten Mooringfeld im Doppelpack an einer Boje. Die Landschaft hier, am nordwestlichen Zipfel Frankreichs, ist flacher und wenig begrünt. Felsen dominieren das Landschaftsbild. Wahrscheinlich liegt das daran, dass hier das Klima deutlich rauer ist. L'aber Wrac'h ist auch unsere letzte Station im Englischen Kanal. Der kommende Törn wird uns in den Atlantik führen und als erstes Seegebiet werden wir die Biskaya besegeln.

Nach drei Tagen in Trébeurden wurden wir allmählich unruhig. Das Wetter war weiterhin schön geblieben, von den hohen Felsen aus sah das Meer relativ ruhig aus aber der Wetterbericht sagte weiterhin 6-7 Beaufort vorraus. Wir hörten uns nun nach Wetterberichten von anderen Booten um. Und es stellte sich heraus, dass der Hafenwetterbericht deutlich von den Wetterberichten der Yachtis, welche von anderen Wetterstationen herausgegeben wurden, abwich. In allen Prognosen sollte der Wind aus Nordost mit 3-4 Beaufort wehen und das war für uns obtimal. Wir entschlossen uns am nächsten Tag weiter zu segeln.
Trockengefallende Hafenansteuerung. Hier sammeln die Einheimischen die Bigonots
Trockengefallende Hafeneinfahrt
Um ganz Trébeurden gibt es solche vom Wind und Wasser geformte Steinskulpturen