Die Konvoifahrt von Salalah nach Aden
Vor uns lagen um die 550 Seemeilen bis Aden, der früheren Hauptstadt Südjemens. Wir starteten von Salalah aus mit fünf Booten, der YAGOONA der YARA, der ESPERANZA, der JUST DO IT und uns, der MULINE. Und das hatte einen Grund, diesen Streckenabschnitt als Konvoi zurückzulegen. Die politische Situation in diesem Seegebiet ist sehr instabil und das gilt vor allem für Somalia. Somalia ist ein von Bürgerkriegen zerrüttetes Land, das durch das Fehlen einer Regierung von Armut, Gesetzlosigkeit und Hunger geprägt wird. Die Vereinte Nationen haben schon seit langem Somalia den Rücken gekehrt, haben ihre Truppen aus Somalia zurückgezogen und verschließen standhaft auch weiterhin ihre Augen vor den wachsenden Problemen in diesem Land. Somalia ist zersplittert und Clans regieren einzelne Landesteile. Das alles zusammen führte in letzter Zeit zu immer mehr Spannungen und die schon immer bestehende Gefahr der Piraterie im Golf von Aden nahm drastisch zu.

Anfang dieses Jahres beschlossen verschieden Staaten der Europäischen Union, mehr militärische Präsenz in diesem Seegebiet zu zeigen, um der ausufernden Piraterie ein wenig mehr Herr zu werden. Sie errichteten einen Internationalen Empfohlenden Transit Korridor ( IRTC) für die Seeschifffahrt, der die Durchfahrt vom und ins Rote Meer sicherer machen sollte.

Die Bundesrepublik Deutschland hatte ebenfalls Kriegsschiffe in den Golf von Aden geschickt und in unserem Hafen im Oman lag zur gleichen Zeit die MS "Rheinlandpfalz". Gesche, Yannic und Herbert von der YARA und ein anderes deutsches Seglerpärchen von der VERA wurden von einem Offizier der "Rheinlandpfalz " zu einem Briefing eingeladen.

Dort wurden ihnen die aktuelle Lage geschildert und sie bekamen, stellvertretend für alle anderen Segeljachten, mehere Seiten von Informationsblättern auf denen wichtige Daten, wie die Koordinaten des Sicherheitskorridores standen, wichtige Funkfrequenzen über die wir Segler mit der Rheinlandpfalz in Kontakt treten können und Verhaltensmaßnahmen für den Golf von Aden. So wurde uns auch empfohlen, in einem Konvoi durch dieses Gebiet nach Aden zu fahren. Mit all diesen Informationen starteten wir gemeinsam als Fünferkonvoi Richtung Westen.
Das sind keine schlecht fotografierten Aufnahmen, aber zu dem Zeitpunkt, als wir Salalah verließen, wehte ein Nordwind viel Sand aus der Wüste auf das Meer hinaus. Die Sicht war dementsprechend schlecht und wir konnten nicht mehr als 150 Meter weit sehen. Oben ist die YAGOONA zu erkennen und links im Bild die YARA und die ESPERANZA. Wind gab es so gut wie keinen. Das hieß für alle motoren.
Der feine Wüstensand setzte sich überall fest. So wie oben im Bild sieht MULINE überall aus; an den Wanten, den Tauen, das Sonnensegel, die Persenning und die Segel. Natürlich war auch im Boot alles mit einer hellbraunen Sandschicht überzogen. Selbst zwischen den Zähnen knirschte es.
Sonnenaufgang im Wüstensanddunst.
Sonnenuntergang im Dunst
Allmählich wurde die Sicht besser. Es blieb zwar weiterhin diesig, aber zwei Seemeilen weit konnten wir nun wieder sehen.

Unsere Entfernungen zueinander waren in Sichtweite. Am Tage waren wir dichter zusammen, manchmal keine 30 Meter voneinander entfernt und in der Nacht motorten wir höchstens eine Seemeilen voneinander. Jede Nacht hatte ein Boot Radarwache, die dann untereinander von Nacht zu Nacht wechselte.

An einem Tag bekamen wir Besuch. Ein kleines Fischerboot wollte bei der JUST DO IT längs gehen und unsere Alarmbereitschaft lief auf Hochtouren. Wir vier anderen Boote kamen sofort dicht zu der JUST DO IT gefahren und umkreisten das Boot und den kleinen Fischer mit seiner vierköpfigen Besatzung. Aber es war relativ schnell klar, dass von diesen Fischern keine Gefahr ausging. Sie wollten Fische gegen ein paar Zigaretten eintauschen. Die Crew von der JUST DO IT nahm dieses Angebot dankend an und es gab dann am Abend gebratenen Fisch in der Pfanne. Über Funk berichtete Martin ausführlich davon...
Hier die Übergabe von Fisch und Zigaretten.
Die YARA, mit Gesche, Herbert und Yannic Die ESPERANZA mit Helmut und Ilse
Allmählich kam ein kleines Lüftchen auf. Wir setzten zuerst ein Stützsegel und später konnten wir dann auch manchmal segeln. Der Wind lieb aber vorerst instabil, so das wir immer wieder dazu motoren mußten. Im Vorhinein hatten wir uns alle untereinander auf eine Richt- und Mindestgeschwindigkeit geeinigt. Das langsamste Boot der Gruppe unter Motor, in dem Fall die MULINE, gab die Geschwindigkeit vor aber eine Mindestgeschwindigkeit von 5 Knoten sollte erhalten bleiben.
Über unser UKW-Funkgerät hörten wir immer wieder Notrufe von anderen Schiffen. Sie berichteten von Piratenattacken und riefen Kriegsschiffe um Hilfe. In der Regel handelte es sich um mittelgroße Frachtschiffe, die diese Notrufe absetzten. Von den Militärs hörten wir, dass besonders die Frachtschiffe gefährdet seinen, die eine zu geringe Geschwindigkeit fuhren. Frachter die über 20 Knoten fuhren, blieben von den Piraten unbehelligt.
MULINE im Schmetterlingsstil, mit ausgebaumtem Vorsegel.
Unsere MULINE
Alle Yachten dicht beisammen.

Dann gab es aber auch für uns, für kurze Zeit, eine anfänglich unklare Begegnung mit acht Fischerbooten. Von Weitem sahen wir in hoher Geschwindigkeit diese acht kleinen Boote auf uns zu rasen. Dann blieben sie in ca 100 Meter Entfernung von uns stehen und es schien uns, als ob sie sich sammelten und neu formieren wollten. Alle acht Fischerboote waren eng beeinander und schienen Absprachen miteinander zu treffen. Das war uns dann doch zu mysteriös und unser Konvoi entschied sich, einen Notruf abzusetzen. Ein Kriegschiff meldete sich sofort und fragte unsere Position ab. Sie teilten uns mit, dass jetzt ein Militärflugzeug zu uns unterwegs sei, um die Situation aus der Luft zu beurteilen. Und tatsächlich nach knapp 10 Minuten überflog ein Militärflugzeug unseren Konvoi und nahm mit uns Funkkontakt auf.

Eines der acht Fischerboote.
Die Situation entschärfte sich schon sehr schnell. Zur gleichen Zeit als uns das Kriegschiff mitteilte, dass ein Militärflugzeug zu uns unterwegs sei, sahen wir, dass die vermeintlichen Fischer tatsächlich nur fischten. Ein riesiger Schwarm Delphine war auf einmal zu sehen und die acht Fischerboote versuchten diesen Schwarm einzukesseln. Vermutlich jagten die Delphine Thunfische und an diese wollten die Fischer ran. Immerwieder gaben die Fischer Gas oder nahmen die Geschwindigkeit aus ihren Booten, ganz dem Rhythmus des Schwarmes gleich. Dieser zog parallel zu unserer Route in Richtung Aden und so sah es anfänglich aus, als ob uns die Fischer verfolgten.
Auch der Flugkapitän teilte uns aus der Luft mit, dass er keine Gefahr durch die Fischer erkennen könne. Wir bedankten uns bei der Flugmannschaft für ihre schnelle Unterstützung und sie wiederum wünschten uns noch eine gute Weiterfahrt und drehten ab.
Unser neues Crewmitglied interessierte die Aufregung auf den Booten und in der Luft herzlich wenig. Entweder Salalah schlief oder spielte mit allen Leinen die er im Cockpit fand. Spaß machte es ihm auch, alle fein säuberlich aufgeschossenen Leinen durcheinander zu bringen und sich darin einzurollen. Noch ist Salalah ein kleiner Hosenschisser, denn aufs Vordeck traut er sich noch nicht. Aber das ist nur gut so.
Wieder ging ein Tag zu Ende und Aden war nicht mehr weit......
... und das war auch gut so. Es war gar nicht so einfach als Konvoi mit fünf Yachten zu fahren. Das brachten alleine schon die unterschiedlichen Längen, Grundrisse und Gewichte der Boote mit sich und alle waren zudem noch unterschiedlich stark motorisiert. Hinzu kamen die unterschiedlichen Anspannungen der Bootscrews, die bei den einen mehr, bei den anderen weniger vorhanden waren. Segler sind in der Regel Einzelkämpfer, die ihr eigenes Ziel verfolgen und sich normalerweise anderen nicht anpassen müssen. So kann man es als Erfolg betrachten, dass wir doch gemeinsam als Gruppe Aden erreichten. Nach sechs Tagen sahen wir die Küste vor Aden vor uns.
Wir schafften es nicht mehr vor Dunkelheit, unseren neuen Ankerplatz zu erreichen. Berichte von anderen Booten zufolge sollten vor der Küste von Aden viele Fischernetze ausgelegt sein. Wir hatten Gott sei Dank Glück. Weit und breit war nichts von diesen zu sehen und so erreichten wir gegen 20. 45 Uhr Aden. Auf sieben Meter Wassertiefe fiel der Anker.
In den sechs Tagen hatten wir 115 Stunden motoren müssen und haben dabei um die 250 Liter Diesel verfahren. Der Motor machte in den letzten drei Tagen Probleme. Er sprang nicht mehr von alleine an. Nun setzte an unserem neuen Ankerplatz eine himmlische Ruhe ein. Wir gönnten uns ein Alster und Spiegelei gab es zu guter Letzt auch noch. Der Motor mußte bis die nächsten Tage warten. Helmut von der ESPERANZA hatte sich bereits angeboten, uns bei der Fehlersuche zu helfen. Na, da konnten wir beruhigt in unsere Kojen fallen...........
zurück zur Übersicht