Stralsund, 23.Mai 2006

Das schöne ist irgendwie, daß Stralsund, meine Heimatstadt, unser Startpunkt für unsere Weltreise ist. Nun ist es aber bereits Mitte Mai und wir liegen immer noch im Hafen von Stralsund. Es wird Zeit für uns die Leinen los zu werfen. Aber das Wetter hält uns seit Monaten fest in seiner Hand.

Der Winter verabschiedete sich erst Mitte April, so das sich die Arbeiten am Unterwasserschiff immer mehr verzögerten und unser Slipptermin immer wieder verschoben werden mußte. Und die Wetteraussichten für den heutigen Tag unterscheiden sich nicht wesentlich von denen der letzten vier Tagen, Starkwinde aus SW 6-7, vorübergehend auf W-drehend und etwas abnehmender Wind auf 5 Beaufort. Da unser erster Zielhafen westlich von uns liegt, ist das nicht unbedingt ideal für uns.

Es ist 15.00 Uhr, der Wind hat etwas nachgelassen und kurz entschlossen werfen wir die Leinen los! Kaum zu glauben, daß dies nun der Start unser lang geplanten Weltreise sein soll. Kein Gejubel, keine Tränen und keine weißen Taschentücher.... Nur stürmischer Wind mit tief hängenden Wolken.

Wismar, 31. Mai 2006

Heute war Hafentag angesagt. Wir hatten schon oft gehört, daß Wismars Altstadt nach der Wende wieder zu neuem Glanz gefunden hat. Und das können wir bestätigen. Wismar hat zwar keine schöne Silhouette vom Wasser aus wie Stralsund und auch keinen schönen Hafen aber die Altstadt ist überragend. Der überwiegende Teil der alten Häuser ist bereits restauriert und die Kirchen stehen kurz vor ihrer Vollendung. Wismar ist in seiner Altstadt sehr lebendig. Und das unterscheidet es von Stralsund. In der Altstadt von Stralsund wohnt nur ein Bruchteil von Einwohnern und auch die Vielfalt an kleinen unterschiedlichen Geschäften, Schulen, Kindergärten und anderen sozialen Einrichtungen fehlt in der Stralsunder Altstadt. Wer den Stiel der Hansestädte mag, sollte diese Stadt nicht auslassen zu besuchen. Hier bekommt man zahlreiche Backsteingotik geboten und neu restaurierte Bürgerhäuser mit ihren wunderschönen und immer wieder unterschiedlichen Giebeln zu sehen.

Barhöft, 23. Mai 2006

Um 17.00 Uhr sind wir gut in Barhöft angekommen. Anfänglich konnten wir noch segeln aber im Fahrwasser nach Barhöft mußten wir dann gegen den Wind den Motor anschmeißen. Barhöft ist uns gut bekannt. Ein kleiner und gut geschüzter Hafen am Hiddensee`er Fahrwasser. Der Hafermeister ein Urgestein und seit Jahren gleichbleibend freundlich. Heute waren nur drei Boote zu Gast in seinem Hafen. " Die Saison hat spät angefangen, die Temperaturen sind immer noch zu kalt und seit Tagen stürmt es auf See.... ." Berichtet der Hafenmeister. Diese Geschichte kennen wir gut...

Rostock-Warnemünde, 24. Mai 2006

Der Wetterbericht verspricht Entspannung und wir versuchen unser Glück in Richtung Warnemünde. Wir wissen das dieser Törn lang werden wird. Da es auf dem Fischland Darß keinen regulären Hafen gibt, haben wir ca 55 Seemeilen (sm) vor uns. Auch hat der Wind in den letzten Tagen kräftig aus SW-licher Richtung geblasen, das tut er immer noch und die Welle steht noch hoch. Aber in der Tendenz soll das Wetter sich beruhigen.

Je weiter wir aufs offene Wasser segelten, desto sonniger wurde es. Um uns herrum beeindruckende Wolkenbilder. Der Wechsel von blauem Himmel, tief ziehenden dunkelgrauen Wolkenfetzen und hoch aufgetürmten weißen Haufenwolken fazinieren uns immer wieder. Der Wind ließ allmählich nach aber die Welle blieb. Und das war unangenehm. Wir kamen kaum vorran. Kein Wind zog uns über die noch stehende Welle. Wir schaukelten von einer Welle zur anderen. Und ich kämpfte zudem mit meiner Seekrankheit. Es hielt sich alles im Rahmen aber diese bleiernde Müdigkeit, die bei mir mit der Seekrankheit einhergeht, machte mir zu schaffen. Bei den ersten Törns in der Saison habe ich regelmäßig Probleme mit der Seekrankheit. Das verliert sich dann mit der Zeit immer mehr aber ganz frei war ich bislang noch nie. Ich bin gespannt wie es sein wird, wenn ich deutlich länger als ein Urlaubstörn, auf dem Boot lebe.

Am späten Nachmittag warfen wir den Motor an und fuhren mit Stützsegel in Richtung Rostock. Der Wind blies mit ca 4 Beaufort kontinuierlich aus der Richtung, wo wie hinwollten und die Wolken zogen sich immer mehr zu. Und gegen 21.00 Uhr näherte sich dann eine beeindruckende Wolkenfront. Und die sah nicht freundlich aus.Tief dunkelgraue Wolken, welche fast bis zur Wasseroberfläche reichten und das Wasser nahm eine merkwürdige dunkelgrüne Farbe an. Die Schaumkronen die uns allmählich entgegen kamen leuchteten schlohweiß. Die Wellen waren nicht hoch aber man konnte erkennen, daß die See kurz und ruppig wurde. Es war zunächst fazinierend, wie man erkennen konnte, daß da in kürzester Zeit sehr viel Wind auf uns zukommen wird. Und da bei uns noch keine Schaumkronen vorhanden waren, konnten wir gut die beginnende Windgrenze erkennen. Wir hatten nach unseren Vermutungen noch ca 5-10 Minuten Zeit, um unsere Segelfläche zu verkleinern, dann war der Wind bei uns. Es ging alles sehr schnell. Die Segel verkleinerten wir und der Wind setzte ein. Diese Windwalze fegte sicherlich mit 7-8 Beaufort über uns hinweg. Leider haben wir kein Windmessgerät um genau sagen zu können, wie stark diese Böe war. Aber solch einen Windschub kannten wir noch nicht. Das wichtige aber war, wir sind gut durch gekommen und am Schiff ist alles heil geblieben. Der ganze Spuk dauerte ungefähr 45 Minuten und dann flaute der Wind wieder ab. Die Sicht wurde nun auch wieder besser und Warnemünde mit seinem Neptun Hotel leuchte uns entgegen.

Gegen 00.05 Uhr legten wir in der super neuen Marina von Warnemünde an und zu allem Überfluss regnete es stark. Nach unserem " Anlege-Alster" fielen wir totmüde in unsere Kojen.

In dieser Kirche gab es eine Führung im Dachstuhl. Von oben, aus 18 m Höhe, durch die Gewölbedecke konnten wir in das Innere der Kirche sehen. Das Guckloch an der Decke ist im mittleren Bild gut zuerkennen..
Grömitz, 1.Juni 2006

Heute habe ich zwei Hornfische! gefangen und es war wunderschönes Segelwetter. Wir segelten von Wismar in Richtung Grömitz. Über Wismar hielt sich noch hartnäckig ein Schlechtwettergebiet mit vielen Böen und Regenschauern. Aber bei Verlassen der Wismarer Bucht hellte es auf und wir segelten gemächlich mit 2 bis 4 Knoten nach Grömitz. Und dann war Angelzeit angesagt. Ich holte mein in Griechenland gekauftes Angelrad herraus und schleppte es einfach nach. Und kaum war eine halbe Stunde vergangen, da zuppelte es an meinem verrosteten Harken. Der erste Hornfisch. Unser Jubel war groß. Hatte ich doch seit Jahren nichts mehr gefangen. Schnell war der Fisch erledigt und wieder raus mit der Angel. Und siehe da, nach 20 Minuten der nächste Hornfisch am Harken. Beides waren gute Portionsfische, so das unser Abendbrot, Hornfisch gebraten in Butter und Bratkartoffeln, gesichert war.

Warnemünde, 25. Mai 2006

Warnemünde ist immer eine Reise wert. Ob mit dem Auto oder Schiff oder mit dem Rad. Das ehemalige kleine Fischerdorf hat viel zu bieten. Einen superbreiten Strand mit einer quirligen Promenade, den Alten Strom mit seinen Fischern und seinem geschäftigen Treiben und dem Fährhafen, aus welchem im Halbstundentakt Groß-Fähren, Kreuzfahrtschiffe und Frachter unterschiedlicher Tonnage auslaufen. Und wenn dann noch netter Besuch aus Berlin kommt, ist die Welt für uns in Ordnung.

In Berlin hatten wir zusammen mit einem befreundeten Pärchen unser erstes Boot, ein wunderschönes Folkeboot. Im Hinblick auf unsere Reise stiegen wir dann aus dieser Eignergemeinschaft aus. Karsten, Meggi und klein Han Onno wollten es sich nicht nehmen lassen, zum Abschied bei uns vorbei zu sehen. Es war uns eine Freude die Drei auf unser MULINE zu begrüßen, zumal Karsten schon als 15-jähriger seine ersten Hochseeerfahrungen in der Irischen See gemacht hatte.

OSTSEE

Warnemünde, 26. Mai 2006

Abschied zu nehmen hat immer irgendwie zwei Seiten. Zum einen eine bedrückende und melancholische Seite aber auch eine mit Hoffnung geprägte Wiedersehensfreude. Und wenn es dann noch um die Eltern geht, dann ist das ein starkes Wechselbad der Gefühle. Eltern sehen solch eine Reise wie wir sie planen mit ganz anderen Augen, als Freunde oder Bekannte. Sie teilen nicht unbegrenzt unsere Freude auf das Neue, welches uns für die nächsten 31/2 Jahre in der Welt erwartet. Und wenn zum einem ein Elternteil stattliche 80 Jahre vorzuweisen hat und zum anderen ein Elternteil auf Grund seiner beruflichen Erfahrung die tosende See erlebt hat, dann sind solche Abschiede noch mit ganz anderen Gedanken verbunden und besonders ergreifend. Stefans rüstige Mutter wissen wir in guter Obhut seiner Brüder und meine Eltern werden mich Dank Internet und Amateurfunk auf unserer Reise verfolgen können. Da ist die große weite Welt nicht mehr ganz so fern.

Warnemünde, 28. Mai 2006

Das Wetter stürmt wieder. Zur Abwechslung haben wir uns von der neuen Marina in den Alten Strom verlegt. Wir genießen den Trubel, der hier herrscht. Die neue Marina hat zwar jeglichen Kompfort zu bieten. Aber bei einer Marina mit 800 Liegeplätzen und einer Auslastung von 20-30 Prozent kommt einfach kein Flair auf. Zudem kann man nicht sagen, daß die Achitektur der neuen, angeblich noblen Hotels mit seinen Appartments und gelungen sei. Wir würden sagen " moderner Plattenbau". Dieser mondäne Komplex passt irgendwie nicht in das Stadtbild von Warnemünde. Aber man versucht wohl, zahlungskräftige Mitbürger in diese Region zu locken. Mal sehen ob es klappt.

Wir wollen, wenn das Wetter es zu läßt, übermorgen nach Wismar segeln. Der erste uns unbekannte Hafen auf unserer Tour!

Auf dem rechten Bild ist meine Angel zu sehen. Es ist ein einfaches Rad, ähnlich einer dicken Felge. Auf den Reif ist dann die Angelsehne aufgewickelt. In der Mitte des Rades ist zum Festhalten ein Steg , damit man die Angelsehne besser auslaufen oder einholen kann.

In Griechenland muß fast jeder solch eine Angel besitzen. Überall sahen wir dieses Ding liegen oder im Gebrauch. Es kostete damals umgerechnet ca 3 DM. Kaum zu glauben.

Orth auf Fehmarn, 4.Juni 2006

Vor zwei Tagen haben wir in diesem kleinen Ort angelegt. Der Hafen liegt im Süden der Insel Fehmarn in einer flachen Bucht, in welcher ein Mekka für Surfer und Kite-Surfer liegt. Zu unseren Charterzeiten waren wir oft hier und so voll, wie jetzt hatten wir es noch nicht erlebt. Zugegeben wir waren nicht in der Saison und auch nicht zu Pfingsten hier. Aber das Treiben in dem kleinen Hafen tut ihm keinen Abbruch. Da schon seit gestern ein kräftiger Wind weht, können wir mit hohem Interesse den unendlich vielen Surfern zu sehen.

In der Nähe von unserem Hafen steht ein sehr schöner Leuchtturm mit Namen Flügge. Er ist 38 Meter hoch und wurde 1912/13 gebaut. Man kann ihn besteigen und hat von oben eine wunderbare Aussicht über die flache Insel Fehmarn und deren Sund mit Brücke. Und diese Aussicht haben wir uns nicht nehmen lassen.

So sieht der Leuchtturm von innen aus. Auch heute noch ist dieser Turm in Betrieb und dient der Seeschifffahrt zur Orientierung. Seine Kennung ist: drei kurze und ein langes Licht im Rhytmus von 20 sec.
Leuchturm Flügge
Kiel, 8. Juni 2006

Wir sind gut in Kiel angekommen. Auf dem langen Schlag von Orth hierher gab es nichts besonderes. Gut war, daß in den Schießgebieten Putlos und Todenhof keine Schießübungen stattfanden und wir durch beide Sperrgebiete hindurch segeln konnten ohne einen Umweg in Kauf zu nehmen. Zur Erläuterung, wenn man von Fehmarn in Richtung Kiel möchte oder umgekehrt, durchsegelt man ein Übungsgebiet der Bundeswehr. Dort finden regelmäßig Schießübungen statt. Die Sportschifffahrt wird zum einen über Funk oder durch Aushänge in den Yachthäfen darüber informiert, wann diese Übungen stattfinden. Dieses Gebiet ist auf See mit speziellen Tonnen markiert, welche ebenfalls über Lichtsignale Auskunft darüber geben, ob Übungen im Gange sind oder in absehbarer Zeit geplant sind. Alle Boote die sich dann in diesem Gebiet befinden, müssen dieses dann umgehend verlassen. In der Regel wird dieses Einhalten von Marieneschiffen kontrolliert. Sie nehmen im Bedarfsfall Funkkontakt mit den Yachties auf und fordern sie deutlich zum Verlassen dieser Sperrgebiete auf.

Kiel ist für Segler etwas umständlich. Die Innenstadt liegt weit von den Häfen entfehrnt. Mindestens 30 Minuten Fußweg muß man einplanen, wenn man in das Zentrum will. Für Großeinkäufe bleibt da nur der Rückweg mit dem Taxi. Kiel hat auf den ersten Blick nichts Erwähnenswertes, wahrscheinlich müßte man etwas mehr Zeit mitbringen um die Besonderheiten zu entdecken.Wir hatte noch kleinere Probleme an Bord und die wollten wir hier erledigen. Außerdem wollten wir hier noch die Voreigner von unserer MULINE treffen, welche in den 80ger Jahren für drei Jahre um die Welt segelten. Und dieses Treffen war für uns sehr bewegend. Dieses Pärchen, beide jetzt schon an die 70 Jahre, saß nun vor uns mit all ihren großen Segelerfahrungen, welche wir noch machen wollen und werden. Ganz unaufgeregt erzählten sie von ihrer Reise. Und wir löcherten sie mit unseren unzähligen Fragen.Wir erfuhren auch, daß bereits eine Familie mit vier Kindern drei Jahre vor ihrer eigenen Weltumsegelung mit diesem Schiff um dieWelt gesegelt ist. Ich glaube mitlerweile, daß MULINE auch ohne unsere Navigation den Weg um den Globus finden würde. Dann erzählten sie uns bei Kaffe und Kuchen und in der Plicht unserer und ihrer MULINE, daß sie auf den Tag genau vor17 Jahren, am 8.Juni 1989, von ihrer Weltumsegelung zurück gekommen waren.Wir bemerkten, daß dieses Treffen nicht nur für uns, sondern auch für sie etwas Besonderes war. All die Erinnerungen die wir mit unserer neuen Reise wieder in ihnen weckten, ließen die beiden immer mehr interessantes von ihrerer großen Tour berichten. Es waren zwei wunderbare Nachmittage mt ihnen.

Allmählich bereiteten wir uns auf die Durchfahrt im Nord-Ostsee-Kanal (NOK) vor. Der Yachthafen in Holtenau liegt unmittelbar neben den Schleusen. Von unserem Liegeplatz aus konnten wir hautnah das Ein- und Auslaufen der riesigen Kontainer-und Frachtschiffe beobachten. Es war wie im Taubenschlag. Wir suchten unsere Bücher herraus, die uns Infomationen zu den einzelnen Lichtsignale für die Schleuseneinfahrt und der Kanalfahrt geben konnten.Wir kleinen Yachties zusammen mit der Großschifffahrt auf engen Raum, das ist schon Spannend .

In Holtenau gab es 4 Schleusen. Zwei für die Großschifffahrt und zwei kleinere Schleusen für Sportboote und andere mittelgroße Schiffe. Über einen speziellen Funkkanal konnten wir den gesammten Sprechfunkverkehr der Schleusenzentrale mitverfolgen. Alle Schiffe die den NOK passieren wollen und ein UKW-Funkgerät an Bord haben, müssen diesen Funkkanal in Hörbereitschaft schalten. Über ihn erfahren Alle, wann wer geschleust wird oder Informationen über das Wetter im Kanal oder wann und wo im Kanalabschnitt sich ein tiefgangbehindertes Schiff oder ein Schiff mit gefährlicher Ladung befindet. Für solch ein gut organisiertes System, brauchten wir nur 18 Euro Kanalgebühren zu zahlen. Das ist nicht viel. Für den Panamakanal wird das deutlich höher ausfallen. Wir werden berichten.
Schleuse in Holtenau öffnet sich
Meine ersten Fische nach drei Jahren erfolglosen Angelns. Dieses Mal waren es Hornfische, vor drei Jahren waren es Dorsche
Yachthafen in Holtenau. Das erste Boot ist unsere MULINE
Vor einer knappen Woche war diese Brücke für den Autoverkehr gesperrt. Der Wind war so stark, daß die Gefahr bestand, daß man nicht mehr sicher über sie hinweg fahren konnte.
Insgesammt ist der NOK ca 98 km lang. Das sind 55 Seemeilen. Wir müßten also ca 9 Stunden motoren, segeln ist nicht erlaubt, da unsere Reisegeschwindigkeit bei 6 Knoten in der Stunde liegt. Daher entschieden wir uns bei diesem sonnigen Wetter ein Zwischenstopp einzulegen und irgendwo zu übernachten.
Holtenau, 9, Juni 2006

Gegen 7.30 Uhr legten wir in Richtung Schleuse ab. Aber das Wetter machte uns einen Strich durch die Rechnung. Über den Kanalfunk erfuhren wir, daß Nebel im NOK sei und vorrausichtlich erst gegen 9 Uhr die Sportboote wieder geschleust werden. Also wieder zurück und warten. Gegen 9 Uhr ging es tatsächlich weiter. Wir wurden zusammen mit 8 weiteren Yachten geschleust. Der Schleusvorgang dauerte nicht lange, da das Gefälle nicht groß war. Stefan war noch nicht vom Bezahlen der Kanalgebühr zurück, da öffneten sich bereits die beiden Schleusentore.

Wir sind das Boot auf der rechten Seite, mit den zwei roten Kugelfendern. Stefan mußte sich mit dem Fotografieren beeilen, die Schleusentore öffneten sich bereits.
Den Nord-Ostsee-Kanal dürfen nur Schiffe befahren, die nicht länger als 235 m und nicht breiter als 32,5 m sind. Der NOK ist circa 11 m tief und an den breitesten Stellen 162 m breit. Im Durchschnitt haben wir nur mittelgroße Frachter gesehen. Auch waren viele Schleppverbände unterwegs. Die großen Frachter machen überraschenderweise nur sehr wenig Wellen. Sofern aber ein Sportmotorboot vorbei fährt, kommt ein Segelboot ganz schön ins schaukeln. Die Ufer des NOK sind relativ eintönig. Buschwerk und Bäume säumen den Schifffahrtsweg. Kaum eine Stadt oder ein Dorf war zu sehen. Wir sind zwar durch Rendsburg gefahren, aber auch nur durch ein Randgebiet der Stadt. Schade, wir wären gerne durch ein paar Dörfer oder Städte gefahren.

Übernachtet haben wir in einem Seitenkanal des NOKs, dem Giselaukanal. Außer einer schönen Klappbrücke, die über diesen Seitenkanal führt, war auch hier nichts. Rechts und links von den Anlegestegen gab es Niederungen und Weiden. In regelmäßigen Abständen saßen am Ufer des Seitenkanals Angler. Am Nachmittag gegen 16.00 Uhr öffnete sich dann die Brücke und ein kleines Passagierschiff fuhr in Richtung Nord-Ostsee-Kanal. An der Brücke sammelte sich eine Gruppe von Läufern. Wir hatten bereits am frühen Morgen in Holtenau eine Läufergruppe gesehen, die unter Jubel in der Nähe unseres Liegeplatzes zu einem Wettkampf startete. Auch am Kanalufer feuerten wir Läufer an. Aber das die Läufer an "unserer" Brücke mit den Läufern aus Holtenau und am Kanalufer zu tun hätten, war für uns unwahrscheinlich. Schließlich lag Holtenau 68 km enfernt. Da nun die Brücke etwas älterer Natur war, dauerte das Heben und Senken eine Weile und wir kamen mit den Läufern ins Gespräch. Und es stellte sich herraus, daß es tatsächlich die Läufergruppe aus Holtenau war, die wir am frühen Morgen gesehen hatten. Die Läufer erzählten uns mit Begeisterung, daß sie zum zweiten Male am Kanalmarathon von Holtenau nach Brunsbüttel teilnahmen. Sie waren guter Stimmung, denn sie hatten bereits über die Hälfte der Distanz geschafft. Jetzt lagen "nur" noch 40 km vor ihnen und das wäre kein Problem mehr, sagte einer von ihnen.

Nun verließen wir die bequeme Ostsee! Auf uns wartete nun die Nordsee mit ihren Gezeiten. Das bedeutet jeden Tag zu rechnen, wann das Hochwasser oder Niedrigwasser eintritt, um somit den nächsten Törn planen zu können. Also genießen wir für die nächsten Tage noch den NOK und sein "stilles" Wasser.
Alle Hochachtung! Für Stefan war es ein Ansporn, gleich eine Joggingrunde einzulegen. Er kam aber schon früher als sonst üblich zurück. Ihm war es zu heiß.

Am nächsten Morgen ging es früh weiter. Das Wetter war hoch sommerlich und wir erreichten Brunsbüttel gegen Mittag. An der nahe gelegenden Tankstelle bunkerten wir MULINE mit Diesel auf und der Tankwart erzählte uns nebebei, daß er noch 4 Jahre bis zur Rente hätte. Auch wollte er wissen wohin unsere Reise gehe. Als er hörte, was wir vorhätten, machte er den Preis rund und erließ uns damit 68 cent . Das wäre sein Betritt für unsere Fahrt!! Wir verabschiedeten uns und versprachen ihm, auf dem Rückweg wieder vorbei zukommen.

Brunsbüttel, 11. Juni 2006

Genau wie in Holtenau liegt hier der Seglerhafen neben den 4 großen Schleusen. Bei uns im Hafen liegen Boote aus den unterschiedlichsten Ländern. Finnen, Briten, Holländer, Amerikaner und Schweden. Langsam wird es international. Da denke ich gleich an meine miserablen Sprachkenntnisse und unsere diversen Lernprogramme, die wir auf die Reise mitgenommen haben. Aber die Sonne schein momentan so schön und so heiß ....., dieses Thema muß noch ein wenig warten.

Am Abend begannen wir, uns in die Materie der Gezeiten einzulesen. Das Gute an Brunsbüttel ist, daß man es bei jedem Gezeitenstand anlaufen oder verlassen kann. Man hat also immer genügend Wasser unter dem Kiel. Aber das reicht nicht unbedingt aus. Man sollte die enorme Strömung nicht vergessen und sie sich zu Eigen machen. Wenn wir also zur "falschen" Zeit Brunsbüttel verlassen, wird es uns passieren, daß wir den gesammten Törn bis Cuxhaven die Strömung gegen uns haben. Das bedeutet statt 3 Stunden segeln nach Cuxhaven mehr als 6 Stunden. Nach unseren Berechnungen könnten wir morgen gegen 15.00 Uhr die Schleuse verlassen und hätten dann ca 5-6 Stunden die Strömung mit uns in Richtung Cuxhaven. Mal sehen ob das stimmen wird?!