Tuamotus - Kauehi - Die Perlfarm
Die findigen Inselbewohner der Tuamotus haben schon immer vom Fischfang, von der Verarbeitung der Pandanuss und von Kokosnüssen gelebt. Früher tauchten sie noch bis zu 30 Meter tief nach Perlen.

Das hat sich heute alles sehr verändert. Der Fischfang ist schwierig geworden, nicht weil es kein Fisch mehr gäbe, nein, die Atomversuche der Franzosen bescherten den Bewohnern die gefährliche Erkrankung Ciguatera. Todesfälle sind nicht selten und jährlich werden mehr als 50 000 Ciguatera-Fälle gemeldet. Diese Erkrankung wird durch das Gift Ciguatoxin verursacht, welches dann durch den Verzehr von Fischen in den menschlichen Organismus gelangt. Das Gift befindet sich auf den Algen und algenfressenden Fische nehmen dann dieses, nur für den Menschen, gefährliche Gift auf. Und diese Geisel schränkt nun den Fischfang in Polynesien deutlich ein.

Zwei neue Erwerbszweige sind in der Vergangenheit dazu gekommen, der Tourismus und die Perlenzucht. Die Hochburg des Tourismus in Polynesien befindet sich immer noch auf den Gesellschaftsinsel. Dazu gehören die Inseln Tahiti, Moorea, Bora Bora, Raiatea, Tahaa, Hauhine und Mopelia, von denen bestimmt fast jeder schon einmal was gehört hat. Aber langsam rüsten die anderen Archipele, wie die Marquesas, die Gamier-Inseln und die Tuamotus ebenfalls auf. Und speziell hier auf den Tuamotus, ist seit einigen Jahrzehnten die Perlenzucht eine feste Einahmequelle. Und das wollten wir uns einmal ansehen.
Alle fünf Crews, der vor Anker liegenden Yachten, warteten geduldig auf Tiaihau, dem Besitzen des einzigen Einkaufsladen auf Kauehi, des Imbissstandes in dem nagelneuen Flughafengebäude und Besitzer einer Perlenfarm in der Lagune.
Rechtes Bild:

Tiaihau scheint ein wichtiger Mann auf der Insel zu sein. Immer mit einem beeindruckendem Messer an seiner rechten Wade (siehe auf dem oberen Foto), holte er uns mit seinem eigenen Transporter  vor seinem Laden ab. Dann ging es los.

Als erstes fuhr uns Tiaihau nicht zu seiner Perlenfarm, sondern zu dem neuen Flughafengebäude. Vor zwei Jahren wurde hier auf Kauehi eine kleine Flugzeugpiste gebaut mit gleichfalls einem einzigen, kleinen und sehr luftigen Abfertigungsgebäude. Dort gibt es einen kleinen integrierten Imbissstand und der werde ebenfalls, so berichtete uns stolz Laden-, Perlenfarmbesitzer Tiaihau, von ihm betrieben. Leider kämen noch sehr wenige Touristen nach Kauehi, berichtete er, momentan sei niemand außer uns hier, aber das werde sich bestimmt ändern. Dann ging es auf dem Lkw weiter zur Farm.
Links: Die neue Landebahn
Links im Bild ist Tiaihau und rechts Dirma, klein Boaz und Martin von der DINGO
Erst zeigte uns Tiaihau zwei Säckchen mit kleine Plastikkügelchen. Diese importiere er aus China, Indien und den USA. Diese Kügelchen würden in die Austern eingesetzt. Dazu würden von seinen Mitarbeitern in der Lagune zunächst ganz junge und kleine Austern gesammelt, diese im Wasser der Farm großgezogen. Das dauere ungefähr sechs Monate, bis die Austern handtellergroß seien. Sodann führte uns Tiaihau an einen ersten Arbeitsplatz auf den Stelzen vor der Holzhütte. Dort war ein Mann damit beschäftigt, diese sechs Monate alten Austern äußerlich zu säubern, einen kleinen Spalt zu öffnen und die Öffnung mit einem Holzkeil zu fixieren.
Aber jetzt wurde es spannend. Wir waren auf der Perlenfarm angekommen. Diese besteht im wesenlichen aus zwei Teilen. An Land, direkt an der Lagune, befinden sich zwei Überdachungen und eine auf Stelzen ins Wasser gebaute Holzhütte, welches das Herzstück der Farm bildet. Der weitaus größere Teil befindet sich weit draußen in der Lagune, wo tausende Austern, an einem Geflecht von Leinen in unterschiedlichen Wassertiefen ihre Perlen produzieren.
Dann ging es in das Herzstück, die Hütte auf den Stelzen mit drei Arbeitsplätzen. Dort arbeiteten zwei Chinesen und eine Einheimische, die selbst die zweite Perlenfarm im Atoll betreibt. Diese fixierten die Öffnung der gesäuberten Austern mit einem chirurgisch aussehendem Instrument, entfernten den Holzkeil und setzten mit mehreren ebenfalls chirurgisch anmutenden Instrumenten eine der importierten Kügelchen als auch ein winziges Teil Muschelfleisch in eine Art Tasche inmitten des Austernmuskels. Diese Arbeit bedarf jahrelanger Erfahrung und ist entscheidend für das spätere Heranwachsen einer möglichst großen und dunklen Perle.
Stefan war ein Glücksfall für die gesamte Gruppe. Kaum einer von uns konnte Französisch und auch Tiaihau, der kein Englisch sprach, war froh mit Stefan und seinen Übersetzungen ins Englische. Beide verstanden sich äußerst gut und so profitierten wir alle von ihrer Sympathie füreinander. Tiaihau legte jetzt richtig los. Stefan übersetzte und wir fragten. Zwischenzeitlich war Stefan so in seine Übersetzerrolle eingetaucht, dass er versuchte, uns alles in Französisch zu berichten und Tiaihau unsere Fragen ins Englische übersetze. Tiaihau klopfte ihm dann auf die Schulter, lächelte und sagte nur " Stefan ... " Wir hatten alle richtig Spaß.
Danach wurden die so präparierten Austern zu je 10 Stück in eine mit Taschen versehene Netzmatte gesteckt. Diese Netzmatten wurden sogleich an eine Leine vor der Hütte ins Wasser gehängt. Denn die Auster darf, so erzählte uns Tiaihau, nicht länger als 45 Minuten aus dem Wasser raus.
Dann durften wir endlich die fertigen Perlen sehen. Es ging zu einem Überdachung mit einem großen Tisch. Darüber legte Tiaihau eine weiße Decke, gab eine Zahlenkombination in seinen Samsonite-Koffer ein, entnahm ihm drei Plastiktüten und entleerte diese auf der Tischdecke. Dann lagen plötzlich circa 1000 Perlen auf dem Tisch, jede sah in Form und Farbe anders aus. Im Wesentlichen hatten die Perlen zwei Größen. Alle 11 Segler standen um den Tisch und rollten die Perlen hin und her. Nach circa 15 Minuten kam denn die Frage nach dem Preis. Es gab nur zwei Preise, die erbsengroßen kosteten 1500 polynesische Franc und die etwas größeren 2500 polynesische Franc, das letztere sind etwa 21 Euro. Aber wenn man zwei Perlen kaufte, gab Tiaihau noch 2 Perlen als Draufgabe. Nach den Molas von den Cuna-Indianern von den San Blas Inseln erstanden wir denn unsere zweites Mitbringsel auf unserer Reise, immerhin sieben Perlen.
Dann ging es auf dem Lkw die sechs Kilometer zurück bis zum Supermarkt. Dort stellte sich Tiaihau noch für ein Abschlussgruppenfoto zur Verfügung und schenkte jeder Crew ein Paket mit gefrorenem Austernfleisch. Alle waren von dem multinationalen Ausflug begeistert und wir wußten, was wir abends kochen konnten. Marc zauberte auf der Yagoona für uns sechs eine Austernpfanne mit Ziebeln, Knoblauch, Wein und Sahne. Klein-Boaz musste mit seinen Gläschen Vorlieb nehmen. Um bereits kurz vor 21.00 Uhr lagen wir angenehm erschöpft in den Kojen.
Hier wurden die Matten mit den Austern rein gehängt. Nach unserer Besichtigung kam noch ein Highlight, 34 Netzmatten mit je 10 Austern, die heute von den drei Spezialisten präpariert worden waren, mussten noch in die Lagune an das dortige Leinengeflecht ausgebracht werden. Die Segler, alle mit Schnorchel und Flossen bewaffnet, durften dabei sogar mithelfen. Mit einem großen Dinghi und einem nagelneuen 60 PS Yamaha-Außenborder fuhren dann Tiaihau mit neun von uns Seglern und zwei Mitarbeitern zu einem Ecken des Leinengeflechts. Dort sprangen bis auf Tiaihau alle ins Wasser. Die beiden Mitarbeiter tauchten mit den Netzmatten auf sechs Meter Wassertiefe und banden diese dort an die gespannten Leinen an. Wir Segler wurden mit der leichten Aufgabe betraut, die Netzmatten vom Dinghi zu den beiden Tauchern zu schwimmen. Wir waren begeistert, deren Arbeit und die Positionierung der Austern von nahem beobachten zu können. Den Arbeitern schien es auch zu gefallen. Vielleicht waren sie zwei Minuten schneller fertig als sonst, mehr bestimmt aber nicht. Wahrscheinlich schwammen wir ihnen mehr im Weg rum.
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