Sulawesi - Das Toraja Land
Wir hatten einige Tage zuvor Makassar, die Hauptstadt von Sulawesi erreicht. In unseren Reisebüchern hatten wir schon viel über das Hochlandvolk, die Toraja, mit ihrer traditionellen Beerdigungskultur und über ihre besonderen Häuser gelesen. Und nun wollten wir einen mehrtägigen Landausflug dorthin unternehmen. Zusammen mit Dieter, Marc und Svenja von der YAGOONA engagierten wir uns einen Fremdenführer, der uns die kommenden Tage begleiten und etwas zu diesem Volk erzählen sollte. Für die Abwesenheit auf unseren Yachten hatten wir für diese Tage einen Einheimischen engagiert, der bei uns auf den Booten schlief und aufpasste.

Das Toraja Land liegt in Zentral Sulawesi und beheimatet einen sehr alten Volksstamm, die Torajas. Lange Zeit mußte sich dieser Volksstamm gegen die Makassaren und die Bugis, zwei bedeutende Volksgruppen aus dem Südwesten Sulawesis zur Wehr setzen. Nach ihrer Vertreibung durch diese beiden Volksgruppen bauten die Torajas hoch in den Bergen ihre Dörfer neu auf, um sich gegen die plündernden Bugis und Makassaren aus der Tiefebene zu schützen. Bis heute haben die Toraja und ihre Kultur überlebt und das ist auch gut so, denn es wäre schade gewesen, solch eine beeindruckende alte Kultur verschwinden zu lassen wie sie die Toraja immer noch pflegen.

Die Bewohner dieses Landstriches werden als Toraja bezeichnet. Das Name leitet sich von dem Wort Toriaja aus der Sprache der Bugis ab und bedeutet soviel wie "Menschen der Berge" oder "Menschen des Inland". Das Toraja Land liegt ungefähr 350 Kilometer nordöstlich von  Makassar entfernt. Das Land liegt etwa auf 700-800 Meter über dem Meeresspiegel und der höchste Berg hat eine Höhe von 2369 Metern. Hier gibt es zwei Jahreszeiten, die Regenzeit und die Trockenperiode, die von April bis November geht. Das Hauptanbauprodukt ist Reis, aber auch der Kaffeeanbau hat hier eine große Bedeutung. Der Islam konnte sich in dieser Region nicht durchsetzen und viele der Toraja sind Christen. Nach einer letzten Zählung wurden 750 000 Torajas registriert und Mann und Frau haben in der Gesellschaft gleiche Rechte.
Unser Reiseführer, links im Bild, hieß Rusli Amin und ist ein Bugi, der in Makassar lebt. Er sprach perfekt Englisch, kannte viele Wörter auf Niederländisch und sogar einige auf Deutsch. Zusammen mit Hermann, unserem KleinBusfahrer kutschierte uns Rusli durch den Südwesten Sulawesis zu dem Volk der Toraja.
Nachdem wir die Küste verlassen hatten sahen wir kilometerweite Reisfelder und zu unserer Begeisterung auch waschechte Wasserbüffel. Manchmal waren sie aus der Ferne gar nicht zu erkennen, so gut waren sie in ihrer Schlammpfütze getarnt. Die Wasserbüffel dienen nicht zur Feldarbeit, sondern werden ihr Leben lang gehegt und gepflegt, um später für teures Geld verkauft zu werden.
Auf dem Reisfeld, in guter Gesellschaft zu den Wasserbüffeln, waren häufig auch Enten an den Pfützen zu finden
Spät abends, nach einer 10 stündigen, rasanten Autofahrt, von der Dieter sicherlich noch Jahre später erzählen wird, kamen wir in unserem Hotel an. Dort wurden wir schon an der Anschlagtafel der Rezepzion begrüßt.
Morgens machten wir unsere Balkontüren auf und wir kamen uns vor wie in einer anderen Welt. Anfänglich dachten wir noch, dass diese Häuser nur noch vereinzelt igendwo zu finden sind oder nur für uns Touristen noch irgendwo aufgestellt werden. Aber wir wurden in den kommenden Tagen eines Besseren belehrt.
Die Häuser nennt  man Tongkonan. Sie stehen auf Pfählen und weisen ein massives Dach auf. Mehr und mehr werden die traditionellen Bambusdächer durch Ziegel-oder Blechdächer ersetzt, was zum großen Teil auf die hohen Kosten zurückzuführen ist. Auch gehen die Neubauten mehr und mehr zurück und die Gefahr ist groß, dass immer mehr das Wissen über diese Bauweise solcher Tongkonan verloren geht. Es wurden allerdings auf Grund des Tourismus im Toraja Land auch einige ältere Häuser wieder  renoviert oder auch neue derartige Häuser wieder erbaut. Das wäre dann eine positive Seite des Tourismus.
Die hohen Giebel werden durch Säulen gestützt, während die Wände mit bemalten Gravuren eines geometrischen Musters verziert sind. Die Vorderfront ist meistens mit einer realistischen Darstellung eines Büffelkopfes aus Holz geschückt, wobei am vorderen Stützbalken des Daches die Hörner der geopferten Wasserbüffel der Familie befestigt werden. Sie geben damit auch Auskunft darüber, wie wohlhabend diese Familie ist. Auf den Verzierungen der Holzwände symbolisiert das Rot das menschliche Leben, Weiß steht für das Fleisch und die Knochen und ist ein Symbol der Reinheit, die Farbe Gelb repräsentiert den Segen und die Macht der Götter, während Schwarz wiederum den Tod und die Dunkelheit symbolisiert. Früher wurden die Künstler, die diese Bemalungen fertigten mit Wasserbüffeln bezahlt.
Die Tongkonan werden ganz ohne Nägel gebaut. Die Seiten und die Stützen werden so gefertigt, dass sie sich passgenau zusammenfügen lassen oder gepflockt werden können. Das Innere eines solchen Hauses besteht aus drei dunklen Räumen, die nur sehr kleine Fensteröffnungen besitzen. Im südlichen Teil des Hauses wohnen die Eltern, in der Mitte die Kinder und die Gäste im Norden des Hauses. Rusli, unser Fremdenführer erzählte uns auch, dass ein Tongkonan im Ganzen auch an ein anderen Platz versetzt werden kann. Und natürlich wird solch ein Bau eines Hauses vor, während und nach Fertigstellung mit speziellen Zeremonie begleitet.
Dieter guckt hier aus einem der winzigen Fenster eines Tongkonan heraus. Unter ist ein Tongkonan bei Nacht zu sehen. Solch ein großes Tongkonan braucht ungefähr ein Jahr bis zu seiner Fertigstellung.
Das Dach solch eines Tongkonan, dass an beiden Enden nach oben zeigt, ist wohl das verblüffenste Charakteristikum. Einige Theorien gehen davon aus, dass das Haus den Kopf eines Büffels und das aufsteigende Dach die Hörner symbolisieren. Andere behaupten wohl, dass das Dach einem Boot ähnlich sehe, und die beiden nach oben ausgetellten Dachenden den Bug und das Heck darstellen würden. Wie auch immer, das Dach sieht umwerfend aus.
Alle Häuser stehen auf jeden Fall mit ihrer Vorderfrond in Richtung Norden, da die Toraja annehmen, dass ihre Ahnen aus dem Norden gekommen sind und der Norden auch als Symbol des Lebens und als das Reich der Götter angesehen wird. Heute wohnen nur noch sehr wenige Toraja in diesen traditionellen Häusern. Aber als Reisspeicher werden sie wie früher immer noch genutzt.
Aber nicht nur die Tongkonan-Häuser zählen zu der Kultur der Toraja sondern auch ihr Totenkult mit seinen Beerdigungs-Zeremonieen. Leider fand an unserem Wochenende keine Beerdigung statt. Das hört sich jetzt zwar etwas skuril an, aber die Toten werden meist erst zehn Jahre später in ihren Felsengräbern beigesetzt. Ja, da haben wir auch nicht schlecht geguckt, als Rusli uns diese Geschichte erzählte. Die Toten verbleiben bei ihren Familien im Haus und das geschieht solange, bis das Geld für die Wasserbüffel, die für die Beerdigungszeremonie von hoher Bedeutung sind und alles was noch dazugehört, zusammengespart ist.

Nach dem Tod eines Angehörigen wird der Doktor gerufen und der injiziert dem Leichnam über einen bestimmten Zeitraum Formaldehyd zur Konservierung. Der Verblichene wird in Tücher eingewickelt und die austretenden Flüssigkeiten in den kommenden Wochen werden in Schalen aufgefangen und jeden Morgen entsorgt. Den Toten wird gleichfalls Essen angeboten, er lebt bis zu seiner Beisetzung in seinem Felsengrab mit der Familie zusammen. Um die zehn Jahre bewegt sich dieser Zustand, denn die Beerdigungszeremonie ist sehr teuer und das Geld muß von den Hinterbliebenen erst beschafft werden. Manchmal trieb das Bestreben, den Toten mit einer gewaltigen Feier zu ehren und die Lebenen zu beeindrucken, ganze Familien in den Ruin. Und da hat sich bis heute wohl nichts geändert.

Der Hintergrund für diese Vorgehensweisen der Toraja gründet sich wohl auf die Überzeugung, dass alle Menschen und auch die Tiere nach dem Tode weiterleben. Aber die Seelen der Verstorbenen können erst die Reise ins Puya, in den Himmel der Seligen antreten, wenn die Begäbniszeremonie ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Die Toraja gehen auch davon aus, dass mit einer pompösen Beerdigungsfeier, insbesondere mit dem Schlachten von Wasserbüffeln und anderen Opfertieren, dem üppigen Mahl, die Götter von der Bedeutung des Verstobenen beeindruckt werden und so der Geist sich für die lebenden Hinterbliebenen einsetzen kann. Außerdem heißt es in ihrem Glauben, dass die Seelen der Verstorbenen auf den Seelen der geopferten Tiere ins Puya reiten und für dem beschwerlichen Weg dorthin braucht man kräftige Büffel.  
Um auf die einzelnen Beerdigungszeremonien einzugehen, würde jetzt den Rahmen dieses Berichtes sprengen. Es sei nur gesagt, dass der Abschluß der Beerdigungszeremonien, die bis zu zwei Wochen dauern können, mit der Beisetzung in einem Felsengrab endet. Die Toraja glauben, dass man alles mit ins Jenseits mit nehmen kann und dementsprechend waren die Gräber reich bestückt. Das rief in der Vergangenheit natürlich Grabräuber auf den Plan und die Toraja versuchten dann, ihre Toten in Höhlen zu verstecken oder hauten Nischen in Felswände, um sich so vor den Räubern zu schützen. Die Toten werden in den Fels geschoben, der Eingang verschlossen und außen auf einem Balkon sind dann die sogenannten Tau Tau zu sehen, die seitlich den Eingang zieren. Sie sollen an den Verstorbenen erinnern. Ein Tau Tau ist eine lebensgroße Holzpuppe, die den Verstorbenen darstellt.
Allerdings werden diese Holzfiguren nur für die Angehörigen der Oberklasse geschnitzt, denn sie sind sehr teuer. Traditionell zeigt die Statur nur das Geschlecht der verstorbenen Person an. Die Holzart, die bei der Anfertigung eines Tau Taus verwendet wird, zeigt  nochmals den Status und den Wohlstand des Toten an, wobei das Holz des Jackfruchtbaumes am wertvollsten ist.
Rechts im Bild sieht man eine Baustelle für ein neues Felsengrab. Diese Felsengräber werden immer noch in den Felsen getrieben und traditionell mit Wasserbüffeln bezahlt. Aber das hat sich heute scheinbar geändert. Dieser Mann erzählte uns, dass er für dieses Grab, knappe zwei Meter mal zwei Meter, 10 Millionen Rupis bekommt, das sind umgerechnet um die 800 Euro. Dafür arbeite er ungefähr 5 Monate und alles ist Handarbeit. Zusammen mit einem Helfer muß er selbst noch die Meißel schmieden.
Hier schmiedet er zusammen mit seinem Helfer die Felsmeißel. Die Felsengräben sehen nach außen hin, an ihrer Öffnung, sehr klein aus, aber im Innern ist Platz für eine große Familie.
Links im Bild: Er facht das Feuer für das Schmieden an.
Natürlich gibt es im Toraja Land auch Tourismus. Aber der ist im Vergleich, zu dem wie wir ihn kennen, verschwindend gering. Wir trafen in den ganzen vier Tagen im Toraja Land um die 15 Ausländer. Unten im Bild sind Verkaufs-bzw. Souvenierläden zu sehen.
Eine weitere Besonderheit in der Toraja Kultur ist der Baby-Baum. Dieses Grab in einem Baum nennt sich Liang Pia und es sind Gräber für Kinder, denen noch keine Milchzähne gewachsen waren.Es wird ein Loch in den Baum gebohrt und das Kleinkind wird hineingelegt. Dann wir das Loch mit Naturmaterialien und vier Holzstiften verschlossen. Nach einer gewissen Zeit wächst dieses Grab zu und der Baum füllt dieses Grab wieder mit Holz. Die Toraja glauben, dass mit  Hilfe des Baumes die Seele des Kindes in den Himmel aufsteigen kann. Wir fanden diese Idee sehr interessant.
Das Kindesgrab wird mit Naturmaterialien verschlossen, welche bei Bedarf immer wieder erneuert werden, bis der Baum das Innere geschlossen hat.
Für diese Gräber eignen sich nur bestimmte Baumsorten, erzählte uns Rusli.
Und immer wieder kamen wir an den leuchtend grünen Reifeldern vorbei. Es war eine Augenweide.
Eine Reisbäuerin bei einer kleinen Verweilpause nach getaner Arbeit.....
In solch einem Haus wohnt eine Reisanbau-Familie. Rusli kannte diese Familie und wir konnten einen Blick in ihre Hütte werfen.
Das Innere des Hauses. Schlaf-, Wohn- und Essensraum in einem. Rechts im Bild zu sehen.
Hier halte ich einen getrockneten Reisballen in den Händen. Zwei Mal im Jahr gibt es eine Ernte.
Dieser Reis braucht noch einige Zeit bis zur Ernte.
Die Wasserbüffel haben im Toraja Land eine ganz besondere Bedeutung. Sie werden nicht als Arbeitstier genutzt oder gegessen, sonder werden als Opfertiere bei Beerdigungszeremonien verwendet. Zudem sind sie Statussymbole für den Reichtum und die Macht einer Familie. Der Wert eines Büffels setzt sich aus meheren Kriterien zusammen. Als die wertvollsten Büffel unter den Wasserbüffeln gelten die Albino-Wasserbüffel. Ihr geflecktes Fell ist besonders wertvoll. Außerdem ist die Länge der Hörner entscheidend und auch die Länge des Schwanzes. Ein Wasserbüffel kann zwischen 700-7000 Euro wert sein. Diese Tiere werden als Jungtiere gekauft und dann um die sechs Jahre lang gehegt und gepflegt. Dann werden sie zum Verkauf angeboten.
Oben ist ein Albino-Wasserbüffel zu sehen. Er ist noch relativ jung, um die drei Jahre. Die besondere Stellung dieser gefleckten Büffel ruht in einer Legende, in der ein Mann einem solchen weißen Büffel das Leben rettete, indem er ihm einen Bambusspeer aus der Schulter zog, der gerade zuvor von Leuten, die auf der Jagd waren, ihm in die Schulter stachen. Der Büffel revanchierte sich und half dem Mann, bei der Suche nach seiner göttlichen Gemahlin, die in den Himmel zurückgekehrt war. Damals trafen sie ein Abkommen: Welcher Mensch das Fleisch eines weißen Wasserbüffels verzehrt, soll die Krätze bekommen. Schöne Geschichte.
Rusli sagte uns, dass solch lange Hörner äußerst selten sind.
Eine Beerdigungsfeier konnten wir nicht sehen, aber dafür waren wir kurz zu Gast auf einer Hochzeit. Wir durften dem Paar alles Gute wünschen und wir Ausländer gelten als Glückssymbol für eine Ehe. Es wurden wieder zahlreiche Bilder mit vielen Angörigen geschossen.
Die Hochzeitsgesellschaft.
Rusli war ein begeisterter Schachspieler und er fragte uns bei der erst besten Gelegenheit, ob einer von uns Schach spielen würde. Da landete er bei Stefan einen Volltreffer. Stefan ist zwar seit zwei Jahren aus der Übung, aber für ein Freundschaftsspiel reichte es alle mal. Abends im Hotel und während unserer Pausen in den Restaurants spielten die beiden ihre Partie. Es ging unentschiedend aus.
Kinder die wir unterwegs in Sulawesi trafen.
Auf dem Rückweg nach Makassar kamen wir wieder an den zahlreichen Reisterassen vorbei. Hermann unser Fahrer mußte natürlich für ein Foto halten.
So, und das war unsere lange lange Geschichte zu unserer Fahrt in das Toraja Land. Wir hoffen, es war nicht zu ausführlich und ermüdend.
Das Hochzeitspaar....
Rusli und Stefan beim Schach spielen .
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