Überfahrt von Thailand zu dem Malediven - Der zweite Versuch
Ja manchmal kommt es anders als man denkt.....
Nach 123 Seemeilen, auf dem Weg zu den Malediven, ging es wieder zurück nach Phuket. Zuerst versagten alle unsere Positionslichter und wir segelten inkognito durch die dunkle Nacht und am morgen entdeckten wir zudem noch, dass unsere Rollreffanlage (damit zieht man das Vorsegel, die Genua, rein und raus) sich in Einzelteile zu zerlegen begann. Das untere Kugellager war völlig kaputt und fehlte ganz. Uns war das Malheur aufgefallen, als wir kleine Stahlkügelchen an Deck entdeckten. Die Genua konnten wir aber noch benutzen, wenn auch schwerer. Also nichts wie eine Kehrtwende und zurück in eine Marina.....
...in die Phuket Royal Marina. Es war einer unserer edelsten Liegeplätze auf unserer Reise. Wie wir schon im LOGBUCH geschrieben hatten, kamen wir total salzverkrustet, von dem ständig über das Deck kommende Seewasser in dieser noblen Marina an. Nun lagen wir zwischen vielen edlen Superyachten in einer überstylten Marina und MULINE sah zwischen ihnen aus aus wie ein Beiboot und das zudem noch seine dreijährige Reise anzusehen ist. Da konnte MULINE mit den hochglanzpolierten Yachten nicht mehr ganz mithalten. Aber alle grüßen uns ganz nett.
Aber es wurde nicht nur nett gegrüßt, sondern auch schnell gearbeitet.
Es ging los wie mit einem Paukenschlag....
Marc und Svenja von der YAGOONA hatten nicht nur für uns den Liegeplatz organisiert als wir noch auf See und auf dem Weg nach Phuket waren, sie waren auch fünf Minuten nach unserem Eintreffen in der Marina bei uns am Steg und fragten ob sie noch irgendwie helfen könnten.
Wir setzten uns in ihr Auto und ab ging es zu dem beiden Gewerken die wir dringend brauchten. Zum einen zum Bootselektriker und zum anderen zu einem Rigger. Beide fanden wir auch und schon zwei Stunden später standen zwei Rigger bei uns am Steg und schaute sich unsere lädierte Rollreffanlage an und baute sie auch gleich auseinander und nahm sie mit.
Linkes Bild:
unsere demolierte Rollreffanlage. Mit ihr kann man mühelos das Vorsegel rein und raus ziehen. Wenn sie in Ordnung ist
Rechtes Bild:
Die Trommel der Rollreffanlage ist schon fast komplett vom Rigger auseinander gebaut
Linkes Bild:
ein Blick unter die Trommel der Anlage und da, wo das nackte Drahtseil ist, müßte sich eigentlich das Kugellager befinden.
Linkes und rechtes Bild:
Die beiden Rigger. Links ist David, ein gebürtiger Franzose und rechts ist sein Gehilfe. Beide sahen sich die Sache an und entschieden, die komplette Rollreffanlage muß demontiert werden , einschließlich des Vorstages.
Die Rollreffanlage
Nachdem sich beide ein Bild von dem Ganzen gemacht hatten, stand fest, ein neues Kugellager muß bestellt werden. Größere Aktionen, wie neue Rollreffanlage kaufen, da die alte inoperabel kaputt ist, waren Gott sei Dank nicht von Nöten. Nur ein bischen warten, bis das Ersatzteil geliefert wird.
Der Bootselektriker versprach uns am nächsten Tag zu uns zu kommen.
Am nächsten Vormittag kam wie versprochen der Bootselektriker. Er rückte gleich mit drei Mann Verstärkung an. Wir hatte wirklich volles Haus an Bord.
Ein Blick von unserem Liegeplatz. Das linke Boot mit Namen BLACK MAGIC gehörte Joseph und Maria. Nein, nicht dem heiligen Paar, sondern einem irdisches Pärchen aus Australien.
Joseph und Maria konnten nur Gutes von den ansässigen Gewerken berichten. Sie liegen bereits seit 9 Monaten hier im Hafen und lassen ihre BLACK MAGIC fast von Grund auf renovieren.
Der Katamaran YARA
Unterdessen war auch der deutsche Katamaran YARA von Gesche, Herbert und Yannic in die Royal Phuket Marina eingelaufen. Sie hatten glücklicherweise einen Tag vor Abfahrt zu den Malediven sonderbare Veränderungen an ihrem Rigg festgestellt und mußten nun auch noch mal den Rigger kommen lassen, um alles durchchecken zu lassen.
So verbrachten wir mit ihnen drei schöne Tage in der Marina.
Yannic und sein Vater Herbert. Die YARAs hatten wir das erste Mal in Tonga kennengelernt und später dann in Neuseeland wieder getroffen. Eine Zeit lang lagen wir zusammen in Opua und warteten gemeinsam mit vielen anderen Seglern auf ein Wetterfenster zurück in die Südsee.
Klein Yannic, der Spaßvogel, hatte erst vier Tage zuvor seinen Geburtstag gefeiert. Er wurde stolze sechs Jahre alt und gefeiert wurde in der Nai Harn Bucht. Leider waren wir bereits einen Tag auf See und konnten dadurch nicht an der Geburtstagsfeier teilnehmen, zu der Gesche sich einige Geschicklichkeitsspiele für die Kinder als auch für die Erwachsenen hatte einfallen lassen. Es war wohl ein rieser Spaß.
Dieses Jahr wird Yannic in Deutschland noch zur Schule kommen. Darauf freut er sich schon gewaltig. In Neuseeland, in Opua, hatte er nämlich schon einmal auf der Schulbank gesessen. Seine Eltern konnten ihn dort, für fast zwei Monate, in eine erste Klasse unterbringen und Yannic war begeistert. Die Klasse bestand aus neun Schüler und Yannic kann jetzt prima Englisch.
Zusammen mit Herbert, Gesche und Yannic erkundeten wir die Marina. Es gab einige edle Restaurants, eine Art Konditorei, in der ich mit Yannic eine Leckerei fand, der wir beide nicht wiederstehen konnten. Ein Erdbeer-Törtchen aus Mürbeteig, gefüllt mit Vanillepudding und Erdbeeren obendrauf und das Törtchen war zudem noch etwas gekühlt. Es war himmlisch. Es gab ein Fitness-Studio, ein Swimmingpool, zudem wir leider keinen offiziellen Zugang hatten und einen kleinen Einkaufsladen, der Langnese Eis verkaufte. Und in diesem Laden waren wir tägliche Gäste.
Der Eingang in die Konditorei. Hier gab es aber auch Leckereien wir Serano- Schinken und Käsesorten aus verschiedenen europäischen Ländern.
Linkes Bild:
Diese Springbrunnenanlage erregte unser aller Interesse. Das Wasser kam im unterschiedlichen Rhythmus aus den Düsen. Es war fast eine kleine Komposition und war wunderschön zu beobachten. Besonders wenn es bereits dunkel war. Dann wurde jede einzelne Wasserdüse mit zwei Lichtern untermalt. Aber nicht nur das war reizvoll. Zugleich weckte es in uns Erwachsenen die Überlegung, wie man trocken durch dieses Feld von 36 Wasserdüsen kommen könnte und kaum hatten wir das zu Ende gedacht machte Yannic mit seinen Proben den Anfang. Dann folgten wir Erwachsen, es war ein wirklich lustiges Spiel, das damit endete, dass alle, bis auf Herbert, fast komplett nass waren.
Das Problem am Rigg der YARA war bald behoben und am dritten Tag verließen die Drei die Marina und segelten in Richtung Malediven los. Nun scharrten auch wir mit den Hufen und zwei Tagen später folgten wir dem Katamaran. Das Ersatzteil an unserem Rigg war auch eingebaut und alle Positionslichter funktionierten wieder. Also nichts wie weg....
Die YARA verläßt die Marina.
Die YARA legt ab.
Wir hatten wunderbare Bedingungen auf der Überfahrt. Die Wettervorhersagen für die kommenden Tage waren optimal gewesen. Im Durchschnitt sollte es um die 4 Beaufort wehen, in den Spitzen nicht mehr als 5-6 Beaufort, es sollte die Sonne scheinen und wenig Welle geben. Und alles traf zu. Es wurde ein richtiges Frauensegeln.
Unterwegs trafen wir unendlich viele Container Schiffe. So viele hatten wir auf unserer gesamten Reise noch nicht gesehen. Natürlich kannten wir solch ein Verkehr aus dem Englischen Kanal und dem Verkehrstrennungsgebiet der Malacca Straße, aber hier auf "freier Wildbahn" waren wir dann doch etwas überrascht.
Natürlich gab es dafür eine Erklärung. Wir befanden uns ganz in der Nähe der Strecke, auf dem die Frachter auf dem kürzesten Weg von der Malacca Straße nach Sri Lanka und umgekehrt fuhren. Auf unserer gesamten Strecke zu den Malediven sahen wir bestimmt mehr als 100 Frachter.
Einige Frachter kamen uns auch sehr nahe. Einer von ihnen kreuzte uns so dicht, dass wir dem Mann auf der Brücke erkennen und zu winken konnten. Und auch er winkte kräftig zurück. Ein anderes großes Container Schiff kam von hinten mit 20 kn, in direkter Linie auf uns zugebraust und zu diesem Frachter nahm dann Stefan Funkkontakt auf. Er fragte nach, ob er uns sehen könnte und wir auch auf seinem Radarschirm zu erkennen sein. Der freundliche Mann am Funkgerät des Frachtschiffes meinte, sie würden uns jetzt gut sehen aber unser Schiffs-Signal auf dem Radarbildschirm wäre etwas schwach für die Nacht. Das hieß für uns, noch mehr Ausschau halten in den Nachtwachen. Nach dem Funkgespräch änderte der Frachter seinen Kurs um ein paar Grad und zog im sicheren Abstand an uns vorbei.
Die Frachter zogen nicht nur in unsere Richtung sondern auch auf dem Gegenkurs. Bis auf ganz wenige Ausnahmen fuhren aber alle Frachter die nach Osten wollten auf der einen Seite und die Schiffe, die nach Westen wollten auf der anderen Seite. Südlich von Sri Lanka trafen sich dann alle in einem fest vorgegebenen Korridor, in einem Verkehrstrennungsgebiet, indem sich die Frachter entsprechend einfädeln mußten und keiner fahren darf wie er möchte.
Solche großen "Brummis" auf See zu treffen ist schon beeindruckend, vor allem wenn sie dann noch sehr nahe kommen.
Ja und dann weckte mich eines Morgens Stefan mit dem Satz: " Gib mir doch mal bitte die Notpinne!" Ich war sofort hellwach und gab ihm unsere Notpinne, die bei mir in der Koje verstaut war. Was war passiert?
Einer von den zwei Bowdenzügen unserer Radsteuerung war gebrochen. Das bedeutete, der Kontakt vom Steuerrad zum Ruder war unterbrochen, wir konnten MULINE nicht steuern und auf Kurs halten und waren somit manövrierunfähig. Jetzt kam die Notpinne zum Einsatz. Wir setzten also die Pinne auf die dafür vorgesehene Stelle auf das Ruderlager und waren damit erst einmal wieder einsatzbereit. Dann ging es an die Reparatur.
Bevor wir aber mit der Reparatur begannen, tüftelte Stefan noch ein System aus Leinen aus, wie wir die Pinne mit unserer Windsteueranlage verbinden konnten. Das war von Vorteil, da wir dann beide die Hände frei zum Arbeiten hatten und die Windsteueranlage MULINE weiter auf Kurs halten konnte. Nach einer halben Stunde funktionierte alles und wir konnten mit der Reparatur beginnen.
Unsere Notpinne im Einsatz.. Das Steuerrad war außer Funktion.
Nachdem wir uns einen Überblick verschafft hatten, stellten wir fest, dass nicht der Bowdenzug selbst gebrochen war sondern das Augterminal. Das befindet sich am Ende des Bowdenzugs, welches dann mit der Steuerkette verbunden ist.
Nach fünf weiteren Bastelstunden stand unser Provisorium und war auch voll einsatzfähig. Wir waren überglücklich, denn wir hatten noch 920 Seemeilen bis zu den Malediven.
Bild Unten:
Das obere Drahtseil ist der geflickte Bowdenzug. Das untere ist der noch funktionstüchtige.
Das gebrochene Augterminal
Hier halte ich das gebrochene Ende des Augterminals in der Hand.
Um 12 Uhr Mittags hatten wir dann, wie immer auf See, unsere Funkrunde mit all den anderen Booten die auf dem Weg nach Sri Lanka oder den Malediven waren. Wir erzählten unser Malheur und prompt kam auch schon Hilfe aus dem Äther. Helmut von dem österreichischen Segelboot ESPERANZA meldete
sich, und erzählte uns, dass er für uns neue Steuerungsseile und entsprechende Seilklemmen an Bord hätte. Die würde er uns zur Verfügung stellen. Wir trauten unsere Ohren nicht. Wir hatten schon in Erwägung gezogen, Sri Lanka anzulaufen, um uns dort nach Ersatzteilen umzusehen. Natürlich nahmen wir das Angebot dankend an. Nun konnten wir etwas beruhigter weitersegeln und nur hoffen, dass unser Provisorium bis zu den Maldiven halten würde. Die ESPERANZA war zwar auf dem Weg nach Sri Lanka, aber spätestens nach einer Woche wollten Helmut und Ilse weiter zu den Malediven segeln. Dort wollten wir uns dann treffen.
Das Wetter war uns wirklich holt. Wir machten gute Fahrt über Grund. Dabei half uns nicht nur der Wind mit seinen konstanten 4 Beaufort, sondern auch die mit uns setzende Strömung. Im Schnitt hatten wir 1-2 Knoten mit uns und unsere Logge, der Geschwindigkeitsmesser, zeigte uns regelmäßig Geschwindigkeiten um die 6,5 Knoten an. Zeitweise liefen wir sogar 8 Knoten, das ist ein Speed, den wir nur selten auf unserer Logge sehen.
Linkes Bild:
Südlich von Sri Lanka begegneten wir diesem Fischerboot. Wir hatten schon über Funk von den vor uns segelenden Booten gehört, dass viele Fischerboote unterwegs sein sollten. Die YAGOONA zum Beispiel und der Katamaran YARA hatten bereits Kontakt zu den Fischern. Die Fischer fragten nach Zigaretten und Bier und als Gegenleistung hielten sie ihre Fische hoch.
Und so war es auch bei uns. Von weiten schon winkten zehn Mann an Bord dieses Bootes. Sie hielten direkt auf uns zu und machten Gesten wie rauchen und trinken. Alles klar, Zigaretten und Bier waren gefragt. Stefan holte unseren Kescher heraus und packte Zigaretten und Bierdosen hinein. Das Fischerboot kam sachte an MULINE herangefahren, Stefan übergab die Fracht und gleichzeitig flogen drei mittelgroße Mahi Mahi auf unser Deck.
Diese drei Mahi Mahis wurden sofort be- und verarbeitet. Gegen Mittag gab es dann gleich Poisson Cru, wie wir es auf den Marquesas in den Gesellschaftsinseln kennengelernt hatten. Kleine rohe Fischstücke mariniert in Zitronensaft und dann gemischt mit Zwiebeln, Tomaten, Gurken und leckerer Kokosmilch, gewürzt mit Salz und Pfeffer. All das hatten wir an Bord. Nur Zitronengras aus dem Originalrezept fehlte. Am nächsten Tag gab es den restlichen filetierten Fisch, gebraten mit Butter in der Pfanne.
Linkes Bild:
Die Fischer zogen zufrieden ab, fragten aber noch, woher wir kommen und hielten den Daumen nach oben, als sie hörten, dass wir aus Germany sein. Dann tuckerten sie davon.
Natürlich sind solche Begegnungen erfreulich und interessant. Aber solche Begegnungen können und haben auch zwei Seiten. Nun wußten wir bereits von der YAGOONA und der YARA, dass ihre Fischer friedliche Absichten hatten und nichts weiter als Zigaretten und Alkohol im Austausch gegen Fisch haben wollten. Aber man hört doch die eine oder andere negative Geschichte. Und dann fragt sich natürlich jeder Segler, wollen auch "meine Fischer", die sich gerade meinem Boot nähen, nur Zigaretten und Bier. Ein anderer Segler in der Vergangenheit hatte da schon überreagiert und schoß tatsächlich aus Angst auf das sich nähernde Fischerboot. Dabei wurde unglücklicherweise auch ein Fischer verletzt.
Dieses Thema der Piratenfischer oder auch der professioellen Piraten wird für uns zunehmend auch ein Gesprächsthema werden. Das Horn von Afrika ist nicht mehr weit und alle Segler, die sich auf dem Weg ins Rote Meer befinden, beschäftigen sich zunehmend mit dieser Problematik. Auf den Malediven ist ein Abend geplant, an welchen wir alle zusammen beratschlagen wollen, wie man sicher das Horn von Afrika passieren kann.
Aber erst einmal lagen die Malediven vor uns und darauf freuten wir uns jetzt.
Hier wurde gerade unsere Rollreffanlage auseinander genommen.